Artikel von Alena Becker

„In Jedwabne (…) kann man sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass das Gedächtnis ein Schla­cht­feld ist. Und davon, wer die Schlacht gewonnen hat“, schreibt Anna Bikont im Nachwort zur deutschen Ausgabe ihres Buches „Wir aus Jedwabne. Polen und Juden während der Shoa“, die 16 Jahre nach der ursprünglichen, polnischen Version erschien.

Foto: MRK/novypamatriklety.cz
Das Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ befindet sich gegenüber den hinteren drei Hallen der inzwischen stillgelegten Schweinefarm. Im Vordergrund des Bildes der Gedenkort.
Von antirassistisch motiviertem Revisionismus

Die Schweinefarm auf dem Gelände des ehemaligen KZ Lety ist endlich beseitigt (vgl. die Artikel in LOTTA #59, S. 61 f. und #68, S. 53), ein neuer Gedenkort in Planung. Doch die Debatten um das „Zigeunerlager“ in Lety u Písku, etwa 80 Kilometer südlich von Prag, nehmen kein Ende. Dabei geht es nicht nur um das Lager selbst, sondern auch um die Deutung des nationalsozialistischen Genozids an den Rom*nja und Sinti*zze im Allgemeinen.

Der Traum rechtsgerichteter Kriminalisten von der „endgültigen Abschaffung der Kriminalität“ kostete während des Nationalsozialismus vielen tausend Menschen das Leben; als „Asoziale“, politische Gegner oder Homosexuelle wurden sie von der Kriminalpolizei verfolgt, die sich aber auch eifrig bis federführend an der Vernichtung von Jüdinnen, Juden, Sinti_ze und Rom_nja beteiligte.

Gegnerforschung im Sicherheitsdienst der SS

„Erkennen — Erfassen — Bekämpfen. Gegnerforschung im Sicherheitsdienst der SS“ heißt die gerade erschienene Studie von Stefanie Steinbach. Titel, Klappentext und Einführung wecken Interesse: Wie tickten diejenigen jungen Akademiker, die sich im Sicherheitsdienst der NSDAP der Gegnerforschung widmeten?

„Er verlor nie den Glauben an seine Landsleute im couragierten Streit für Menschenrechte und die nationale Unabhängigkeit der Ukraine gegen die Zwillingstyranneien des Nazismus und des Kommunismus“: Diese Worte richtete US-Präsident Ronald Reagan an die Witwe Jaroslav Stetzkos, als dieser am 5. Juli 1986 auf dem Münchner Waldfriedhof begraben wurde.

Über Paul Merker, den NS und die Parteilinie aus Moskau

„Hatten Sie Verbindung zu jüdischen Organisationen in der DDR?“, „Kennen Sie den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde?“, „Sind Sie Mitglied jüdisch-zionistischer Organisationen?“, „Forderten Sie die Rückgabe kapitalistischen Besitzes von Juden?“ — Diese und ähnliche Fragen stellten Mitarbeiter_innen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) dem am 30. November 1952 verhafteten Paul Merker während seiner Untersuchungshaft in Hohenschönhausen. Während der Verhöre wurde er als „Judenknecht“ beschimpft. Doch nicht, weil er Jude gewesen wäre, was ohnehin nicht zutraf.

Von Konzentrationslagern und Vernichtungslagern

Das Wort „Lager“ ruft in unseren Breiten unweigerlich Assoziationen mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern hervor. Für diese steht wiederum Auschwitz als Beispiel und Symbol. So hilfreich diese in vielen Köpfen fest verankerte Assoziationskette für das Wachhalten der Erinnerung an Shoa und glücklicherweise mittlerweile auch Porajmos – der nationalsozialistische Völkermord an den europäischen Sinti und Roma – ist, so viele Schwierigkeiten bringt die Verengung des Begriffes „Lager“ bzw. „Konzentrationslager“ oftmals mit sich, denn mit dem Wissen um Unterschiede und Gemeinsamkeiten der nationalsozialistischen und anderer Zwangslager gehen so auch viele wertvolle Argumente verloren. Gute Gründe, einmal der Frage nachzugehen, wie sich Konzentrations- und Vernichtungslager untereinander und von anderen Lagern unterscheiden.