Nebenbei: Der "pro"-Nachwuchs und das "Reich"

Gelsenkirchen – Träumt die „pro NRW“-Jugend im Ruhrgebiet ein ganz klein wenig vom „Reich“, traut sich aber nicht, dies zu sagen?

Anfang Dezember veröffentlichte das Trüppchen rund um den „pro“-Jugendbeauftragten für das Ruhrgebiet, Andre Schindler, ein „sehr gelungenes“ Video eines „Sympathisanten“ auf seiner Internetseite. Es zeigt Fotos von Veranstaltungen der Rechtspopulisten. Unterlegt sind die Bilder mit einem Lied, das von einem Chor gesungen wird und dessen Refrain „Wer, wenn nicht wir? Wo, wenn nicht hier? Und wann, wenn nicht jetzt?“ lautet. Für jene, die schlecht hören oder aber gleich mitsingen mögen, wird der Text eins zu eins eingeblendet.

Nur in der dritten Strophe bei Minute 1:42 gibt es eine minimale Abweichung. Dort singt der Chor auch für schwache Gehörgänge klar vernehmbar: „Wer sind die Leute, die mit Mut und Zuversicht zu Werke geh’n, die dann des Reiches Blüte einst als Lohn der langen Arbeit seh´n?“ Mitzulesen ist aber eine Version, bei der das „Reich“ eliminiert ist: „Wer sind die Leute, die mit Mut und Zuversicht zu Werke gehen, die dann des Landes Blüte einst als Lohn der langen Arbeit seh´n?“

Womöglich hat einer der „pro“-Oberen dem Nachwuchs oder dessen „Sympathisanten“ nahegelegt, dass man – jedenfalls in der öffentlichen Darstellung – besser die Berufung auf das „Reich“ vermeidet, wenn man als „rechtsdemokratische“, „seriöse“ und keinesfalls „ewiggestrige“ politische Kraft erscheinen will. Doch wo hat sich der „Nachwuchs-Sympathisant“ bei der Suche nach einer Begleitmusik für „pro“-Aktionen bedient? Zu hören ist ein Singekreis des „Sturmvogels“ bzw. des „Deutschen Jugendbundes Sturmvogel“ bei einem Auftritt auf Einladung der extrem rechten „Deutschlandbewegung“ von Alfred Mechtersheimer.

Bei jenem „Sturmvogel“ handelt es sich um eine Abspaltung der neonazistischen „Wiking-Jugend“ (WJ). Werbung für den „Sturmvogel“ erschien unter anderem in der „Deutschen Stimme“, der Parteizeitung der NPD. Nach dem Verbot der „Wiking-Jugend“ 1994 und der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ im März 2009 ist der „Sturmvogel“ die einzige aus diesem Umfeld der WJ stammende Organisation, die nicht verboten wurde und als Schwerpunkt eine völkische Kindererziehung propagiert.

„Wir sind die neue Kraft im Lande, wir sind des Volkes junger Spross“, heißt es in der dritten Strophe des Liedes weiter. Dass es sich bei der „pro“-Jugend um eine „neue“ Kraft handelt, darf auch angesichts ihrer musikalischen Vorlieben bezweifelt werden. (rr)