Köln – „Pro NRW“ ist „stärkste Kraft rechts der Mitte“ im größten Bundesland, zählt inzwischen fast 2000 Mitglieder und über 100 Mandatsträger: Den Katalanen kann man’s ja erzählen, dachte sich die „pro NRW“-Schatzmeisterin und „pro Köln“-Fraktionsvorsitzende Judith Wolter – und tat es auch.
Am Wochenende war Wolter auf Reisen. Sie vertrat im zehn Kilometer westlich von Barcelona gelegenen Sant Just Desvern die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ beim Wahlkongress der „Plataforma per Catalunya“, einer extrem rechten Regionalpartei in Katalanien. Inzwischen ist Wolter wieder heimgekehrt – offenbar unbeschadet und das nicht zuletzt womöglich, weil sich bei ihrer Reise „viele deutschsprachige Anhänger der katalanischen Rechtsdemokraten rührend um die Vertreterin der Pro-Bewegung“ gekümmert haben. So kann „pro NRW“ nun nach ihrer Rückkehr zurückblicken auf den Wahlkongress der katalanischen Rechten, der – obwohl man bisher davon ausgehen musste, dass allein die rheinische „Bürgerbewegung“ zu solchen Kraftakten in der Lage ist – doch tatsächlich eine „fulminante Veranstaltung“ gewesen ist.
Ob Wolters Rede dazu beigetragen hat, dass der Wahlkongress dieses Adjektiv verdient hat, erscheint eher unwahrscheinlich, liest man ihren Text nach. „Südliches Redetalent“ habe sie „leider nicht mitgebracht“, betont sie gleich eingangs. Und sie räumt auch ein, ganz sicher bei den „rhetorischen Talenten“ nicht mit denen von „Plataforma“-Chef Josep Anglada i Rius mithalten zu können. Die seien „in Köln und ganz Deutschland inzwischen schon legendär“, klärt sie ihr Publikum auf, das an dieser Stelle an Massenveranstaltungen mit ihrem Volkstribun denken mag, wo es sich doch nur um Miniaufläufe und Saalveranstaltungen ohne Außenwirkung handelte, bei denen Anglada auftrat. Egal, der „Plataforma“-Chef zählt für Wolter zu den ganz Großen: „Jeder weiß, wann man bei Josep Anglada Beifall klatschen muss, selbst wenn man kein Wort Spanisch kann!“
So plaudert und plappert Wolter vor sich hin, klärt ihr Publikum zum Beispiel auf, dass es sich bei Köln um „eine Millionenstadt im Westen Deutschlands nahe der französischen Grenze“ handelt, was ihr vielleicht noch Ärger mit dem befreundeten „Vlaams Belang“ einhandeln könnte. Merke: Wenn man in die große, weite Welt geschickt wird und von der Metropole Köln in die Metropole Barcelona reist, können einem kleine Länder wie die Niederlande, Belgien oder Luxemburg durchaus schon einmal vorkommen wie ein Fliegenschiss auf der Landkarte. Aber weiter geht’s: „Viel Zuspruch und die besten Wünsche aller aufrechten Patrioten und heimatbewußten Menschen in Deutschland“ habe sie mitgebracht, sagt die Schatzmeisterin der Partei, die in NRW unlängst 1,4 Prozent der Stimme holte.
„Im größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen überall unsere Pro-Bewegung“, flunkert sie ihrem Publikum vor. „In ganz Westdeutschland“ erfahre „pro NRW“ immer mehr Zuspruch, sagt sie, ohne sich lange mit Details aufzuhalten. So ganz unrecht hat sie ja nicht. Immerhin bedeuten auch 0,2-Prozent-Ergebnisse im Münsterland einen stärkeren Zuspruch, wenn man von 0,0 Prozent gestartet ist. Ihr Vorsitzender Markus Beisicht hätte in diesem Zusammenhang aber wohl von einem „Quantensprung für die pro-Bewegung“ gesprochen, einem fulminanten womöglich. Wolter muss noch lernen. (rr)