Köln/Leverkusen – „Pro NRW“ betreibt einen für die Partei sehr kostengünstigen Personalapparat. Niemand beziehe ein Gehalt von der „Bürgerbewegung“, beteuerte deren Schatzmeisterin Judith Wolter im vorigen Dezember gegenüber einem „NRW rechtsaußen“-Autor. Was die Sachkosten anbelangt, sind aber Zweifel angebracht, ob die Partei mit Geld umgehen kann. Ein Beitrag auf der Homepage des ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der selbst ernannten „Bürgerbewegung“, Ronald Micklich, legt nahe, dass bei „pro NRW“ zuweilen das organisatorische Chaos regiert.
Bei der Partei „pro NRW“ und dem Verein „pro Köln“ direkt scheint – soweit erkennbar – nach Recherchen von „NRW rechtsaußen“ niemand auf der Gehaltsliste zu stehen. Wegen „pro Köln“ und „pro NRW“ fließen freilich doch Gelder an die Spitzenleute – finanziert durch die Steuerzahler.
Da sind zum einen die in Großstädten recht auskömmlichen Aufwandsentschädigungen für die Fraktionschefs, wie Parteichef Markus Beisicht in Leverkusen, sein Stellvertreter Kevin Gareth Hauer in Gelsenkirchen oder Judith Wolter in Köln. Andere verdienen sich etwas hinzu, indem sie eine Aufwandsentschädigung als Ratsmitglied mit einem Gehalt der Fraktion kombinieren, wie „pro NRW“-Generalsekretär Markus Wiener, der die Geschäfte der Kölner Fraktion führt. Dort wird auch der „Jugendbeauftragte“ Gereon Breuer als Fraktionsmitarbeiter geführt.
In der Nachbarstadt Leverkusen bezogen bzw. beziehen unter anderem der inzwischen nach Berlin gewechselte Manfred Rouhs, der ebenso wie Rouhs stark in den Landtagswahlkampf des vorigen Jahres involvierte und mit dem Aufbau von Parteistrukturen beschäftigte Frank Maul und „pro“-Öffentlichkeitsarbeiter Andreas Molau Gelder aus der Fraktionskasse.
In wiederum anderen Fällen verdienen bzw. verdienten sich Mandatsträger aus der einen Stadt als Fraktions-Mitarbeiter in einer anderen Stadt ein Zubrot hinzu: Judith Wolter, „pro Köln“-Fraktionsvorsitzende, „pro NRW“-Schatzmeisterin und von Parteichef Beisicht einmal unfreiwillig doppeldeutig als „verdientes Parteimitglied“ bezeichnet, ist das bekannteste Beispiel dafür.*
Schließlich sind zwei Fälle bekannt, wo zwar nicht die „pro NRW“-Politiker selbst auf der Gehaltsliste von Fraktionen auftauchten bzw. auftauchen, wohl aber in einem Fall die Ehefrau, in einem anderen Fall die Lebensgefährtin.
Während die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ bei der Verteilung öffentlicher Ressourcen recht geschickt vorgeht, scheint die Parteikasse selbst zumeist reichlich klamm zu sein. An dieser Stelle setzt der aktuelle Beitrag von Micklich, der im Januar sein Vize-Amt abgab und Mitte März „pro NRW“ verließ, ein. Er schreibt, dass die Mitglieder in den letzten Wochen wieder einmal einen „Bittbrief“ von „pro NRW“ erhalten hätten. Im beiliegenden, teilweise schon vorausgefüllten Überweisungsauftrag war als Verwendungszweck „Wahlkampfspende“ notiert. Micklich hat Zweifel, dass es tatsächlich um die Finanzierung eines Wahlkampfs geht, zu dem es nach Lage der Dinge auf absehbare Zeit auch gar nicht kommen werde. „Wird das Geld vielmehr für die Köln-Demo oder andere Zwecke gebraucht?“, fragt Micklich. Und er vermutet: „Offensichtlich scheint die Kleinpartei um Beisicht mit seinen Strategen wie immer ,Ebbe in der Kasse’ zu haben.“
Mehr als 55.000 Euro, so rechnet der ehemalige stellvertretende Vorsitzende vor, habe das politisch, arbeitstechnisch und privat miteinander verbandelte „Pro-Dreigestirn“ – er meint offenbar Beisicht, Wiener und Wolter – seit der Kommunalwahl 2009 „verbrannt“.
Da habe es zum einen nach der Kommunalwahl 2009 noch 2000 Wahlplakate zum Stückpreis von 2 Euro „in einem Leverkusener Lager“ gegeben. Sie seien vom Vorstand nachgeordert worden, obwohl kein Bedarf mehr bestanden habe. Wegen des aufgedruckten Wahldatums hätten sie auch nicht mehr später verwendet können. 4.000 Euro – ein Fall für die Abfallentsorgung.
Da habe es zum zweiten nach der Landtagswahl 2010 gar mehr als 10.000 Plakate gegeben, die nicht verwendet wurden. Micklich: „Obwohl der Vorsitzende in Leverkusen und Umgebung durch zwei bezahlte Arbeiter plakatieren lies was das Zeug hielt, auch an Stellen die nicht genehmigt waren, reichte die Zeit nicht aus um alle Schilder anzubringen. Es gab einfach zu wenig freiwillige Helfer.“ In diesem Fall seien im übertragenen Sinn weitere 20.000 Euro in irgendeinem Lager „verschimmelt“.
Hinzu rechnet Micklich die mehr als 30.000 Euro, die von der Stadt Köln gefordert wurden, weil die „Bürgerbewegung“ in der Domstadt Plakate zur Kommunalwahl nach der Wahl nicht rechtzeitig wieder einsammelte.
Viertens schließlich seien „Tausende von Wahlzeitschriften, noch gebündelt, in den Papiercontainern der Altstoffverwertung“ gelandet. Sein Fazit: „Wer diese Erkenntnisse richtig verarbeitet hat, dem wird es schwerfallen die Geldbörse erneut ,großzügig’ zu öffnen.“
Micklichs „Mängelliste“ ist aber noch nicht vollständig. So liegen „NRW rechtsaußen“ zum Beispiel Informationen vor, denen zufolge sich der Gelsenkirchener „pro NRW“-Vize und -Ruhrgebiets-Vorsitzende Hauer im vorigen Sommer massiv beschwerte, weil Rouhs nach Berlin gewechselt war, ohne die Hinterlassenschaften des Landtagswahlkampfs im Ruhrgebiet wieder komplett einzusammeln. Rouhs zeichnete für die Plakatierung in einigen Ruhrpott-Städten verantwortlich. Kostenaufwendig einsammeln musste aber die Truppe rund um Hauer die hängengebliebenen Pappen. (ts/rr)