AACHEN/MÖNCHENGLADBACH/DÜSSELDORF - Zu einer "Kundgebungstour durchs Rheinland" waren am Samstag um die 100 Neonazis aufgebrochen, um gegen ihre angebliche "staatliche Verfolgung" und für "die Freilassung unserer Gefangenen" zu demonstrieren. Bezug genommen wurde hierbei insbesondere auf das laufende Strafverfahren in Koblenz, bei dem 26 Neonazis angeklagt sind, von denen aktuell noch sieben in Untersuchungshaft sitzen. Erwartungsgemäß wurde die Tour nach deren Beendigung als Erfolg abgefeiert. Man habe das "Anliegen kraftvoll und laut auf die Straßen getragen" und sich "weder von der Unfähigkeit der Polizei noch von den kriminellen Roten beeindrucken lassen". Doch reibungslos verlief die Reise nicht.
Zwei Reisebusse - einen aus Essen, den anderen aus Jülich im Kreis Düren - hatten die Neonazis für ihre Tour angemietet, zusätzlich stellten Dortmunder "Kameraden" ein Begleitfahrzeug. Die InsassInnen setzten sich zu einem Großteil aus AktivistInnen, AnhängerInnen und UnterstützerInnen des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Möchtegernpartei "Die Rechte" (DR) zusammen. Mit Hans-Jochen Voß aus Unna und Nadine Braun aus Mettmann nahmen trotz der aktuellen Verwerfungen zwischen NPD und DR (der blick nach rechts berichtete zuletzt am 15. März) auch zwei Landesvorstandsmitglieder der NRW-NPD teil. Beide zählen zum NS-nahen Flügel der NPD. Ebenfalls anwesend war ein im Koblenzer Verfahren Angeklagter.
Verzögerungen im Betriebsablauf
Schon bei der ersten Stadion in Aachen konnte die braune Truppe um ihren Versammlungsleiter André Plum aufgrund von Gegenprotesten und polizeilichen Auflagen ihren Zeitplan nicht einhalten. Erst gegen 13 Uhr und damit mit einstündiger Verspätung konnte eine 45-minütige Kundgebung durchgeführt werden, anschließend wurde dann das nächste Ziel Mönchengladbach angesteuert, wo sich die Prozedur wiederholte. Mit nunmehr 75 Minuten Verspätung erreichte die nationalsozialistische Reisetruppe gegen 17.15 Uhr ihre letzte Station, die Landeshauptstadt Düsseldorf, wo eine Demonstration mit Kundgebung vor dem Innenministerium vorgesehen war. Doch schon wenige Minuten nach dem Eintreffen war dieser Plan gescheitert. Nachdem ein Teil der Neonazis sich dem Ort des Geschehens nähernden GegendemonstrantInnen angegriffen hatten, wurden sie von den Polizeikräften unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken in ihren Bus zurückgetrieben. "Die Polizei läßt sich vor dem eigenen Präsidium von der Antifa einschüchtern und hat die Reisebusse festgesetzt, momentan geht es weder vor noch zurück", meldete der "Liveticker" der Neonazis um 17.30 Uhr. Und kurze Zeit danach: "Die Polizei wertet unsere Notwehr als angebliche Gewalttätigkeiten." Erst fast eineinhalb Stunden später durfte der selbsternannte "Nationale Widerstand" wieder auf die Straße, allerdings wurde ihm die ursprünglich geplante Demonstrationsroute zum Innenminsterium aufgrund der Gegenproteste und des genannten Vorfalls verwehrt. Gerade einmal 200 Meter Wegstrecke waren verblieben, um dann nach einer Begrüßung "aller weißen Menschen in Düsseldorf" mit einer 20-minütigen Kundgebung die "Tour durchs Rheinland" abzuschließen.
Licht und Schatten
Als Redner traten auf der Veranstaltungstour die Dortmunder Michael Brück, Daniel Grebe und Christoph Drewer, der Wuppertaler Lukas Bals, André Plum aus Aachen sowie der stellvertretende Kreisvorsitzende der NPD Düsseldorf/Mettmann, Manfred Breidbach, auf. Der seit März 2012 inhaftierte Düsseldorfer Neonazi-Kader Sven Skoda hatte sich mit einem schriftlichen Grußwort an die TeilnehmerInnen zu Wort gemeldet und dazu aufgerufen, "standhaft" zu bleiben. Seine angesichts der widrigen Umstände vor Ort vermutlich nur wenig tröstende Botschaft: "Am Ende siegt stets das Licht über den Schatten."