BONN/KÖLN - Mehrere studentische Burschenschaften aus dem Rheinland setzen im soeben angelaufenen Sommersemester ihre Rechtsaußen-Aktivitäten fort. Während inzwischen mehr als 20 Burschenschaften den Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) verlassen haben, weil dieser seit Jahren eindeutig von ultrarechten Kräften mit Kontakten bis hin zur NPD und zu weiteren Neonazi-Organisationen dominiert wird, bemühen sich Verbindungen wie die „Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ oder die „Kölner Burschenschaft Germania“ um eine Konsolidierung des Zusammenschlusses.
Die "Raczeks"
Die Bonner „Raczeks“ hatten bereits im vergangenen Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Sie mussten unter anderem einräumen, regelmäßigen Kontakt zu einem Aktivisten des neonazistischen "Aktionsbüros Mittelrhein" unterhalten zu haben - zu Cornelius D., der im März 2012 im Rahmen einer Razzia gegen das "Aktionsbüro" festgenommen worden war. Zudem war die Meinung des „Raczeks“-Mitglieds Norbert Weidner bundesweit auf Protest gestoßen, der NS-Mord am Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg sei "rein juristisch gerechtfertigt" gewesen. Die „Raczeks“ setzen ihre politischen Aktivitäten fort und kündigen für den 24. April eine öffentliche Vortragsveranstaltung an: In ihrem Haus soll der Generalmajor a.D. der Bundeswehr Gerd Schultze-Rhonhof zu dem Thema "Der Krieg, der viele Väter hatte" referieren. Schultze-Rhonhof hat ein Buch mit diesem Titel verfasst, das in der extremen Rechten große Beliebtheit genießt; seine Grundthese lautet, die Schuld am Zweiten Weltkrieg könne keinesfalls allein dem Deutschen Reich angelastet werden und müsse etwa auch bei Polen gesucht werden.
Die Kölner "Germania"
Ebenfalls aktiv bleibt auch die „Burschenschaft Germania Köln“, die einzige Burschenschaft in der Stadt, die die DB nicht verlassen hat. Die „Germania“ hatte Schultze-Rhonhof bereits im Wintersemester 2011/2012 zu einem Vortrag eingeladen. Für dieses Semester kündigt sie eine Veranstaltung mit Harald Seubert an, der am 16. Juli über das Thema "Gender Mainstreaming" sprechen soll. Seubert gilt als Grenzgänger zwischen konservativen Milieus und den antidemokratischen Denkern der "Konservativen Revolution", die in der Politik- und der Geschichtswissenschaft als eine Strömung eingestuft wird, die dem Nationalsozialismus trotz vorhandener Differenzen den Weg bereitete. Am 1. Mai, dem "Tag der Arbeit", will die „Germania“ zudem ein "Grillen gegen links" durchführen. Die Semesterabschlusskneipe will sie am 27. Juli gemeinsam mit der „Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf“ begehen.
"Regionalseminare"
Die Kölner „Germania“ kündigt zudem für den 27. April ein "Regionalseminar" der DB an. Die DB führt gegenwärtig mehrere solche "Regionalseminare" durch, die dazu dienen, die im Dachverband verbleibenden Burschenschaften - ihre Zahl dürfte sich letztlich auf rund 80 belaufen - fest auf eine gemeinsame politische Strategie einzuschwören und damit ein vollständiges Auseinanderbrechen des Zusammenschlusses zu verhindern.
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Update vom 10.4.2013:
Eine weitere interne Veranstaltung zur Konsolidierung der DB-Aktivitäten kündigen zudem die Bonner "Raczeks" an. Ausweislich ihres Semesterprogramms wollen sie am 4. Mai ein "Regionales Bildungsseminar" durchführen. Ob die Stabilisierung der DB, auf die die derzeit durchgeführten internen Seminare letztlich abzielen, tatsächlich gelingt, bleibt abzuwarten. Hätte sie Erfolg, dann gäbe es erstmals seit 1945 eine an zahlreichen Hochschulen Deutschlands und Österreichs solide verankerte Rechtsaußen-Organisation mit zumindest teilweise offenkundiger Nähe zur NPD, die - Aktive und "Alte Herren" zusammengenommen - über mehrere tausend Mitglieder verfügte.