Der Energiemanager und die „Ordensritter“

Der „Mainova“-Chef Constantin Alsheimer als Unterstützer der rechten Netzwerke des „Deutschen Ordens“

Constantin Alsheimer, derzeit noch Vorstandsvorsitzender des Frankfurter Energieversorgers „Mainova“, ist Familiare des „Deutschen Ordens“, eines am rechten Rand der katholischen Kirche angesiedelten früheren Ritterordens mit Sitz in Wien. Dieser weist eine notorische Nähe zum organisierten Antifeminismus auf.

Im Mai 2023 demonstrierten linke Klimagruppen in Frankfurt mal wieder gegen den teilprivatisierten kommunalen Energieversorger Mainova. Dieser steht schon länger in der Kritik, da er seine Marktstellung ausnutze und überteuerte Preise fordere. Klimaaktivist*innen kritisieren, dass im Mainova-Heizkraftwerk im Frankfurter Gutleutviertel weiterhin Steinkohle verfeuert wird, ein Umbau erst 2026 und nur auf Erdgas erfolgen soll, dass das Kraftwerk ungewöhnlich viel Quecksilber ausstößt und sich Mainova im Lobbyverband Zukunft Gas am Greenwashing des fossilen Brennstoffs Gas federführend beteiligt.

Bei der Klima-Demonstration in Frankfurt ging es aber nicht nur um diese Kritik und die Solidarität mit Betroffenen aus Kohle- und Erdgasabbaugebieten im globalen Süden, sondern auch um eine rechte Personalie beim Energieversorger. Zuvor erschien ein Artikel auf der antifaschistischen Internetplattform antifa-frankfurt.org über die Verbindungen des Mainova-Chefs Constantin Alsheimer ins Milieu des organisierten Antifeminismus. Das Frankfurter Ordenshaus sowie die angegliederte Ordenskirche des Deutschen Ordens gelten seit Jahren als Rückzugsort für katholische FundamentalistInnen.

Fragwürdige Gottesdienste

Katholische FundamentalistInnen wenden sich gegen eine Liberalisierung der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Ihnen geht es um die Bewahrung einer heterosexuellen patriarchalen Ordnung in Familie und Gesellschaft, entsprechend wenden sie sich gegen „Liberalisierungstendenzen”, etwa Feminismus oder das Recht auf körperliche Selbstbestimmung.

Für Frankfurt wurde 2020 eine monatlich stattfindende „Gebetsvigil Lebensschutz“ in der Deutschordenskirche beworben. Der Ablauf: „Heilige Messe, anschließend Rosenkranzprozession zur Abtreibungsstätte bzw. eucharistische Anbetung“. Als Organisator trat der Verein Helfer für Gottes kostbare Kinder in Erscheinung, beworben wurden die Gottesdienste auch über die Facebook-Seite der Kampagne 40 Tage für das Leben Frankfurt am Main, die auch die zweimal jährlich stattfindenden Gehsteigbelästigungen vor einer Frankfurter Beratungsstelle von Pro Familia organisiert. Mathias von Gersdorff drückte hier auf „Gefällt mir“. Von Gersdorff ist in Frankfurt kein Unbekannter, wenn es um organisierten Antifeminismus geht: Er leitet die deutschsprachige Sektion der ursprünglich aus Brasilien stammenden Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum und ist zentraler Netzwerker der antifeministischen „Lebensrechtsbewegung“ in Deutschland. Er schreibt für einschlägige Medien wie die Junge Freiheit, kreuz.net oder die indizierte Seite kath.net. Er wirkt zudem an Kampagnen der Frankfurter Deutschen Vereinigung für eine christliche Kultur (DVCK) mit, deren Vorsitzender Benno Hofschulte ist.

Hofschulte und Gersdorff verbinden aber nicht nur Vereinsmitgliedschaften, gemeinsame Kampagnen und publizistische Tätigkeiten: Sie sind auch bei großen Anlässen der Szene wie der „Demo für alle“ und Anti-Abtreibungs-Mahnwachen, die in Frankfurt größtenteils von kroatisch-katholischen TraditionalistInnen organisiert werden, dabei.

Ein Gebet für Trump

In der Deutschordenskirche werden Messfeiern mitunter in der traditionellen Fassung nach dem Missale Romanum von 1962 auf Latein gebetet. Diese Form des Gottesdienstes wurde beim Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 reformiert und als übliche Gottesdienstordnung abgeschafft. Als „außerordentliche Form des römischen Ritus“ hatte Papst Benedikt XVI. sie 2007 für zugelassen erklärt; erst Papst Franziskus schränkte dies 2021 wieder ein. Nun ist eine Erlaubnis des örtlichen Bischofs notwendig, um die Messe auf Latein zu feiern. Lateinische Messen sind häufig regionale Treffpunkte für katholische TraditionalistInnen, die zu derartigen Anlässen buchstäblich pilgern.

Einzelne Messen, das verrät die Gottesdienstordnung, werden immer wieder bestimmten Personen gewidmet. Etwa Kranken aus der Gemeinde, solchen in Not, aber auch Verstorbenen. Auch für den antifeministischen Netzwerker Benno Hofschulte wurden bereits Messen gelesen, die für ihn um Segen baten. Und sogar auf die internationale Politik wird mittels Gebeten versucht Einfluss zu nehmen: Im Juli und August 2022 wurden zwei Messfeiern Donald Trump gewidmet: „für Donald Trump um Segen“ vermerkt die Gottesdienstordnung, ohne weitere Erklärung. Die Annäherung evangelikaler und christlich-fundamentalistischer Kreise an Trump, die dabei geflissentlich auch über dessen politische und persönliche Verfehlungen hinwegzusehen bereit sind, scheint auch am Main angekommen zu sein.

Ein traditionalistisches Netzwerk

Der Deutsche Orden war ursprünglich ein katholischer Ritterorden und führt seine Gründungsgeschichte auf die Belagerung der Stadt Akkon während des Dritten Kreuzzugs am Ende des 12. Jahrhunderts zurück. Zwischen 1230 und 1561 herrschte er als Deutschordensstaat im Baltikum und wurde so zum zentralen Akteur der deutschen Ostkolonisation. Durch Reformation, Säkularisation und das österreichische Adelsaufhebungsgesetz verlor der Deutsche Orden zwar an Bedeutung, einige Strukturen konnten jedoch erhalten werden.

Um den Deutschen Orden gruppiert sich eine Reihe von Vereinigungen, Stiftungen und Gesellschaften, die ein katholisch-traditionalistisches Netzwerk bilden. Etwa die Familiare des Deutschen Ordens, die dem Orden „Gebet, persönlichen Einsatz und tatkräftige Hilfe“ schwören müssen und im Rahmen einer speziellen Zeremonie, „Investitur“ genannt, aufgenommen werden. Familiare stehen dem Orden besonders nahe, sind loyal und betrachten ihre Teilhabe daran als Ehre. Etwa 700 Familiare hat der Deutsche Orden derzeit, darunter auch Edmund Stoiber (CSU). Oder der genannte Constantin Alsheimer, der aus einer CDU-Familie stammt und sich auch in anderen katholischen Kreisen engagiert, etwa im Kuratorium der kirchlichen Stiftung Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt.

Rechte Manager-Netzwerke

Auch im Deutschherrenbund, einer Art Förderverein des Deutschen Ordens, dessen Vorsitzender sich „Deutschherrenmeister“ nennen darf, sind Männer in Führungspositionen aktiv: geistliche Würdenträger, Sparkassendirektoren, PR-Berater, Professoren. Sie schreiben katholischen Traditionalismus fort — mit allen seinen antifeministischen und queerfeindlichen Konsequenzen. In der Politik ihrer jeweiligen Unternehmen spiegelt sich das freilich nicht immer wider: Mainova etwa tritt in diesem Jahr als Sponsor des Frankfurter „Christopher Street Day“ auf. Die Kontakte des Mainova-Chefs ins Spektrum des organisierten Antifeminismus dürften dabei keine Rolle gespielt haben.

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