Die Rechte und die Friedensbewegung

Eine Einleitung in den Schwerpunkt

Seit über einem Jahr dominiert der Krieg in der Ukraine die mediale und politische Landschaft. Während sich die Linke noch immer zwischen Ost- und Westorientierung auseinanderdividiert, tragen andere neue Proteste auf die Straßen. Das Potential der Corona-Proteste brauchte mit der ausgehenden Pandemie und dem Wegfallen von Schutzmaßnahmen und Freiheitsbeschränkungen ein neues Thema.

Vor dem Hintergrund der großen Aufmerksamkeit für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und einer Friedensbewegung, für die eine Abgrenzung nach rechts eher als Problem wahrgenommen wurde, konnte die extreme Rechte das Thema Frieden neu aufladen und mit einem heterogenen Personal auf die Straßen tragen. Dass sich die extreme Rechte zu dem Krieg verhalten muss, war abzusehen. Sie positioniert sich mehrheitlich pro-russisch. Selbst in der AfD werden Kritiker:innen der Ausrichtung auf die neue „Lichtgestalt“ Wladimir Putin immer leiser. Zu groß ist die Verlockung, die Ängste vor Inflation und Heizkosten in Zuspruch für die AfD umzuwandeln. Schon als Russland 2014 die Krim annektierte, begannen rechte Stichwortgeber wie Jürgen Elsässer, die Friedensbewegung mit rechten Narrativen auszustatten. Inzwischen spricht er von einer „Friedensbewegung 2.0“. Bereits bei den Montagsmahnwachen im Winter 2014, die unter dem Namen „Friedenswinter“ bekannt wurden, verschwammen die politischen Vorzeichen hinter der strategischen Verankerung des Querfrontbegriffs. Zugleich wurden einige Gemeinsamkeiten offenbar: Konsens war damals ein Antiamerikanismus, der sich zusammen mit nationalen Souveränitätsbestrebungen im Übrigen auch schon in der Friedensbewegung der 1980er Jahre fand.

Ob diese politische Gemengelage mit dem schillernden Begriff der „Querfront“ sinnvoll beschrieben werden kann, wäre zu diskutieren. Im aktuellen Schwerpunkt werden unterschiedliche Begriffe von „Querfront“ benutzt: QuerdenkenWatch Aachen nutzt einen eher weit gefassten Begriff, um das gemeinsame Agieren von Akteur:innen unterschiedlicher politischer Herkunft bei den dortigen Friedensprotesten zu beschreiben. Marcel Hartwig macht einen engeren „Querfront“-Begriff stark.

Brüche und Irritationen innerhalb der Friedensbewegung und offene Flanken nach rechts zeichnet Peter Nowak in seinem einleitenden Überblick nach.

Alex Wißmann und Kim Pflanzer beschreiben Geschehen und Hintergründe der Demonstrationen in Ramstein (RLP) im Februar 2023, wo die „Querfront“-Idee Jürgen Elsässers in die Praxis umgesetzt wurde.

Am Beispiel von Aachen beschreiben QuerdenkenWatch Aachen, wie von den Montagsmahnwachen 2014 ausgehend über die Corona-Proteste bis hin zu den ktuellen Friedensdemonstrationen Grenzen zwischen sich selbst als links verstehenden und rechten Akteur*innen verschwommen.

Einen abschließenden Blick auf die (historische) Debatte um den „Querfront“-Begriff liefert der Beitrag von Marcel Hartwig. Er plädiert für eine vorsichtige Verwendung des Begriffs.

Ausgabe

Lotta #21

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