Der heutige „Arminius-Bund“-Vorsitzende Johann Thießen bei einer extrem rechten russlanddeutschen Kundgebung vor dem NRW-Landtag

Schleppender Parteiaufbau

Der „Arminius-Bund“ buhlt um AnhängerInnen – mit mäßigem Erfolg

Seit rund eineinhalb Jahren ist das zersplitterte extrem rechte Lager um eine skurrile Facette reicher: In der Kleinstpartei „Arminius – Bund des deutschen Volkes“ (AB) sammeln sich „Russlanddeutsche“, die in der Vergangenheit auch als „Russlanddeutsche Konservative“ (RK) im Umfeld der NPD auftraten. Der „Arminius-Bund“ kooperiert offen mit Neonazis und Holocaust-LeugnerInnen und unterhält Kontakte zur „Europäischen Aktion“. Im Mai trat die Partei erfolglos zu den Kommunalwahlen im Kreis Düren und im Oberbergischen Kreis an, wo auch ihre Schwerpunkte liegen.

Seit rund eineinhalb Jahren ist das zersplitterte extrem rechte Lager um eine skurrile Facette reicher: In der Kleinstpartei „Arminius – Bund des deutschen Volkes“ (AB) sammeln sich „Russlanddeutsche“, die in der Vergangenheit auch als „Russlanddeutsche Konservative“ (RK) im Umfeld der NPD auftraten. Der „Arminius-Bund“ kooperiert offen mit Neonazis und Holocaust-LeugnerInnen und unterhält Kontakte zur „Europäischen Aktion“. Im Mai trat die Partei erfolglos zu den Kommunalwahlen im Kreis Düren und im Oberbergischen Kreis an, wo auch ihre Schwerpunkte liegen.

Köln im März 2014: Unter die TeilnehmerInnen einer Demonstration der Initiative besorgte Eltern, die sich gegen die „Frühsexualisierung an Schulen und Kindergärten“ richtete, haben sich auch AnhängerInnen des Arminius-Bunds gemischt. Am Rande gibt Johann Thießen ein Statement ab: „Unsere Rußlanddeutschen sind massenhaft beteiligt an dieser Aktion“, behauptet er. Der 1956 geborene Elektroinstallateur aus dem Örtchen Brandenberg in der Gemeinde Hürtgenwald (Kreis Düren) ist Parteichef des Arminius-Bunds, der im März 2013 im oberbergischen Wiehl gegründet wurde. Die Gründung des AB beendete die Odyssee einer Clique neonazistischer „Russlanddeutscher“, die seit Jahren unter wechselnden Bezeichnungen im extrem rechten Spektrum auftreten.

Parteiaufbau kommt nicht voran

Bei der Kommunalwahl im Mai kandidierte der AB im Oberbergischen Kreis in vier, im Kreis Düren in sieben der jeweils 27 Wahlbezirke, war im Kommunalwahlkampf aber faktisch nicht wahrnehmbar: In Düren wurde ein einziger Infostand durchgeführt und an einige Haushalte Propaganda verteilt. Das Wahlkampfthema („Frühsexualisierung in Grundschulen“) kam bei den WählerInnen offenbar nicht an – entsprechend vernachlässigbar gering fiel das Wahlergebnis (Kreis Düren: 0,2 %, Oberbergischer Kreis: 0,1 %) aus. Zwar verfügt die Partei laut eigenen Angaben über Landesverbände in NRW und Baden-Württemberg, doch der Parteiaufbau geht knapp eineinhalb Jahre nach Gründung kaum voran. Für die weiteren Bundesländer nennt die Partei nicht einmal AnsprechpartnerInnen. Außer im Raum Düren und im Oberbergischen dürfte die Partei, die wohl kaum mehr als einige Dutzend Mitglieder haben dürfte, nicht handlungsfähig sein. Unterschätzen sollte man sie trotzdem nicht. Der rührige Aktivist Thießen verfügt über zahlreiche – auch internationale Kontakte – in die extreme Rechte und kooperiert u.a. mit der Europäischen Aktion des Schweizer Holocaustleugners Bernhard Schaub, die ein Netzwerk in verschiedenen europäischen Staaten unterhält.

Von der NPD über den BGD zur eigenen Partei

Die Gründung des Arminius-Bunds ist Ausdruck der zunehmenden Zersplitterung des neonazistischen Lagers und zugleich des Scheiterns des kleinen neonazistischen „russlanddeutschen“ Milieus innerhalb bestehender extrem rechter Parteien. Beispielhaft lässt sich dies an den Vitae von Thießen und Andrej Triller (Hattingen), führende Kader der Russlanddeutschen Konservativen, aufzeigen. Beide waren im Umfeld der NPD aktiv: Triller fungierte als Leiter eines Arbeitskreises der Russlanddeutschen in der NPD, der 2008 mit dem Ziel gegründet wurde, SpätaussiedlerInnen enger an die Partei anzubinden. Thießen hielt enge Kontakte zum NPD-Kreisverband Düren und trat auf deren Liste 2009 zur Wahl des Dürener Kreistages an.

Die Liaison mit der NPD endete wenige Jahre später. AktivistInnen der Russlanddeutschen Konservativen traten in den Bund für Gesamtdeutschland (BGD) ein. In der hoffnungslos überalterten Kleinstpartei, die vor allem revanchistische Forderungen vertritt und selbst im extrem rechten Lager als bedeutungslos gilt, konnten deren Vertreter schnell Funktionen übernehmen. Thießen wurde zum NRW-Landesvorsitzenden gewählt, Triller zum Beisitzer im Landesvorstand. Die zwei in der Folge offenbar neu gegründeten BGD-Kreisverbände Düren und Oberbergischer Kreis waren durch extrem rechte „Russlanddeutsche“ geprägt. Der Eintritt neuer Mitglieder konnte die Handlungsfähigkeit des BGD jedoch nicht beenden. Zur vorgezogenen Landtagswahl im Mai 2012 konnte allein Waldemar Hink als Direktkandidat im Oberbergischen Kreis aufgestellt werden. Die Nominierung des im Kreis Düren vorgesehen Direktkandidaten Aab Ruslan scheiterte, weil die Partei nicht die hierzu erforderliche Anzahl an Unterstützungsunterschriften sammeln konnte.

Das „russlanddeutsche“ Intermezzo beim BGD hielt nicht einmal ein Jahr. Mit wenig schmeichelhaften Worten über den BGD-Vorsitzenden Horst Zaborowski begründete Thießen den Schritt zur Parteineugründung: „Nach kurzer Zeit stellte es sich heraus, daß der Parteivorsitzende, ein 86-jähriger Greis, gar nicht das ist, wofür er von sich am Anfang ausgegeben hat.“ (sic!). Der Parteivorsitzende habe „mit bewundernswerter Energie gegen uns einen Papierkrieg“ entfaltet.

Organisatorischer Vorläufer

Als organisatorischer Vorläufer des AB fungierte die Schutzgemeinschaft „Deutsche Heimat“ der Deutschen aus Rußland e.V.. Dieser völkische Verein mit Sitz in Düren wurde Anfang 2007 von elf Personen in der damaligen Wohnung des Ehepaars Johann und Olga Thießen in der Gemeinde Niederzier gegründet. Zum Vorsitzenden wurde Johann Thießen gewählt. Laut Satzung verfolgt der Verein als Zweck unter anderem die „Vertretung der Interessen sowie Stärkung der Integration der Deutschen Vertriebenen und Heimkehrer“, er möchte „helfen“, die „Deutsche Sprache mit ihren jeweiligen Dialekten [zu] fördern, schützen und erhalten“ und außerdem „Deutsche Volksmusik“ fördern. Seit 2007 organisiert die Schutzgemeinschaft mehrfach Kundgebungen mit geschichtsrevisionistischem Tenor vor dem Landtag in Düsseldorf, an denen u.a. auch VertreterInnen der NPD teilnehmen. Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck hielt dort 2009 sogar eine Rede.

Neben Thießen finden sich weitere Gründungsmitglieder der Schutzgemeinschaft, in Funktionen des Arminius-Bunds wieder. Die 1951 geborene Ingenieurin Irma Geppert aus Marienheide im Oberbergischen Kreis, Schriftführerin im Gründungsvorstand der Schutzgemeinschaft, übt diese Funktion jetzt im Bundesvorstand des AB aus. Lydia Walz, eine ebenfalls 1951 geborene Ingenieurin aus Karlsruhe, ist stellvertretende AB-Bundesvorsitzende und Schatzmeisterin im Landesverband Baden-Württemberg. Als Schatzmeisterin wurde sie 2007 und 2008 in den Vorstand der Schutzgemeinschaft gewählt. Schutzgemeinschafts-Gründungsmitglied Andrej Triller – 2008 zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins gewählt – fungiert als stellvertretender Vorsitzender des nordrhein-westfälischen AB-Landesverbandes.

Angesichts der aus Sicht des AB enttäuschenden Ergebnisse bei der Kommunalwahl im Mai und den begrenzten personellen Ressourcen – die Vorläuferorganisation Schutzgemeinschaft hatte Anfang 2010 bundesweit gerade einmal 19 Mitglieder – bleibt abzuwarten, ob die Partei langfristig überhaupt eine Rolle in der extremen Rechten spielen kann.

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