Spurensuche in Dortmund
C18 – Combat 18 – ist auf Marko Gottschalks Brust tätowiert. Der Sänger der Dortmunder Band Oidoxie hat mit seiner Nähe zu Blood & Honour und Combat 18 nie groß hinterm Berg gehalten. Ebenso wenig mit seinen bundesweiten und internationalen Kontakten. Als Ende August 2012 die Polizei bei ihm klingelte, um im Rahmen des Verbots des Nationalen Widerstands Dortmund eine Hausdurchsuchung durchzuführen, war die Wohnung leer. Einen Tag später traf ihn die Polizei abflugbereit in der Wohnung seiner Eltern an. Gottschalk hatte sich entschlossen, nach Schweden auszuwandern. Der Oidoxie-Frontmann pflegte zuvor schon enge politische und private Kontakte nach Schweden und hielt sich dort regelmäßig auf. Ob ihm möglicherweise Dortmund oder Deutschland zu heiß geworden waren, ist aber unklar. Im Frühjahr 2012 berichtete DerWesten, dem Verfassungsschutz lägen Informationen vor, die Oidoxie Streetfighting Crew (vgl. „Die Legende vom 'Trio'“) hätte sich Mitte 2000 mit Waffen ausgerüstet, diese Aktivitäten jedoch im Frühjahr 2006 plötzlich aus ungeklärten Gründen aufgegeben. Zur Streetfighting Crew gehörte auch Robin Schmiemann, dessen Briefverkehr mit Beate Zschäpe im letzten Jahr öffentlich wurde. Schmiemann sitzt seit 2007 eine achtjährige Gefängnisstrafe ab. Er hatte bei einem Überfall auf einen Dortmunder Supermarkt im Jahr 2007 einen tunesischstämmigen Kunden angeschossen. Im Prozess hatte Schmiemann betont, seine Waffe vom Lünener Sebastian Seemann, ebenfalls Mitglied der Streetfighting Crew und V-Mann des VS NRW, erhalten zu haben. Mit dem Überfall sollte der Verlust eines fehlgeschlagenen Drogendeals ausgeglichen werden. Der VS NRW hatte seinen V-Mann nachweislich vor Ermittlungen der Drogenfahndung gewarnt.
2004 organisierte Seemann gemeinsam mit der Blood & Honour-Sektion Flandern ein Konzert mit 1.500 Besucher_innen in Belgien. Der Erlös fließe „ohne Ausnahme wieder zurück in die Bewegung. Also in deutsche und belgische politische und m....... Widerstandsdivisionen“, verkündete er nach dem Konzert. Als er 2007 verhaftet wurde, fanden die Ermittler nicht nur Kokain, sondern auch Waffen. In der Neonazi-Szene des Ruhrgebiets war es ein offenes Geheimnis, dass er auch mit Waffen handelte: „Seit einigen Jahren hat Sebastian Seemann fast jedem den er kannte scharfe Waffen und Sprengstoff angeboten und diese auch mit- und vorgeführt“, hieß es nach seiner Enttarnung.
Ende März 2006 meldete der Polizeispitzel „Heidi“ seinem VP-Führer einen Waffenhandel, an dem Toni Stadler beteiligt gewesen sei. Stadler kommt aus der Blood & Honour-Szene und war bis 2002 Zuträger für den VS Brandenburg. 2003 zog er nach Dortmund. Im November 2011, kurz nach der Enttarnung des NSU, meldete sich „Heidi“ bei der Dortmunder Polizei und berichtete, er habe am 1. April 2006 – drei Tage vor dem Mord an Mehmet Kubaşık – im Auftrag von Stadler Uwe Mundlos und eine weibliche Person – möglicherweise Beate Zschäpe – mit dem Auto vom Dortmunder Bahnhof abgeholt. Bei der Fahrt hätten Mundlos und Stadler mit einer Waffe hantiert. Daraufhin wurde Stadler vom BKA befragt, er bestritt jedoch Kontakte zu Mundlos. Daran, dass „Heidi“ tatsächlich auf Mundlos getroffen ist, bestehen tatsächlich erhebliche Zweifel. Belege dafür, wer den NSU in der Ruhrgebietsstadt unterstützt haben könnte, lassen sich hieraus jedenfalls nicht ziehen. Ebenso wenig wie aus den Kontakten und teilweisen Aufenthalten der neonazistischen V-Männer Thomas Starke und Thomas Richter („Corelli“) nach bzw. in Dortmund (vgl. „Die Legende vom 'Trio'“).