„Knüppelkommando Kaiserstraße 30“

Vier Wuppertaler Neonazis wegen schwerer Gewalttat verurteilt

Nach der Tat habe sie dem Angeklagten das Kürzel „KKK30“ auf das Handgelenk tätowiert, bezeugt eine ehemalige Aktivistin der Wuppertaler Neonazi-Szene vor Gericht. Die Zeugin erklärt auch die Bedeutung des Kürzels. „KKK30“ stehe für „Knüppelkommando Kaiserstraße 30“. Mit dem Tattoo verherrlichten die TäterInnen den brutalen Überfall auf linke BesucherInnen eines Flohmarktes in Wuppertal-Vohwinkel im September 2011. Mit Knüppeln hatten sie auf ihre Opfer eingeschlagen und mehrere verletzt. In der Kaiserstraße befand sich damals eine Neonazi-WG, in der zwei der vier Angeklagten wohnten. Unter ihnen auch Matthias Drewer (23), der Vorsitzende des Wuppertaler Kreisverbands der „Die Rechte“.

Nach der Tat habe sie dem Angeklagten das Kürzel „KKK30“ auf das Handgelenk tätowiert, bezeugt eine ehemalige Aktivistin der Wuppertaler Neonazi-Szene vor Gericht. Die Zeugin erklärt auch die Bedeutung des Kürzels. „KKK30“ stehe für „Knüppelkommando Kaiserstraße 30“. Mit dem Tattoo verherrlichten die TäterInnen den brutalen Überfall auf linke BesucherInnen eines Flohmarktes in Wuppertal-Vohwinkel im September 2011. Mit Knüppeln hatten sie auf ihre Opfer eingeschlagen und mehrere verletzt. In der Kaiserstraße befand sich damals eine Neonazi-WG, in der zwei der vier Angeklagten wohnten. Unter ihnen auch Matthias Drewer (23), der Vorsitzende des Wuppertaler Kreisverbands der „Die Rechte“.

Der Berufungsprozess vor dem Wuppertaler Landgericht gewährte einen Einblick in die Lebenswelt der lokalen Szene um die Nationalen Sozialisten Wuppertal, die zum Zeitpunkt des verhandelten Überfalls einen regelrechten Kampf um die Vorherrschaft über“ihren Stadtteil Vohwinkel“ führten. Rechte Gewalttaten stiegen in Wuppertal rasant an. Vohwinkel war das Zentrum der Szene und Wohnort vieler Neonazis. Die WG in der Kaiserstraße 30 bildete einen wichtigen Bestandteil der örtlichen Infrastruktur, hier wurden auch „Kameradschaftsabende“ abgehalten. Über Wuppertal hinaus war sie Anlaufpunkt für Neonazis aus ganz NRW. Oftmals habe man sich dort getroffen und nach potenziellen Linken Ausschau gehalten, berichtete die „Aussteigerin“ in ihrer Aussage. Eigentlich sei man damals immer auf der Suche nach gewalttätigen Auseinandersetzungen mit politischen GegnerInnen gewesen. Im Eingangsbereich der Wohnung hätte sich deshalb stets ein Behälter mit Knüppeln und weiteren Waffen befunden.

„Politisch motivierter Überfall“

Auch der Überfall am 24. September 2011 ging von dieser Wohnung aus, die nach der Tat als Rückzugsort diente. Zum Tatverlauf hieß es in der Urteilsbegründung, dass die beiden angeklagten Brüder Mike und Michele Dasberg gemeinsam mit der Zeugin Yvonne Faust mit einer gezielten Provokation die dann folgenden „regelrechten Jagdszenen“ einläuteten. Nach einer verbalen Auseinandersetzung versetzte Michele Dasberg einem der Geschädigten einen unvermittelten Faustschlag ins Gesicht. Unmittelbar danach griff eine Gruppe von 10 bis 15 Neonazis von zwei Seiten die verstreuten FlohmarktbesucherInnen an. Der Angeklagte Matthias Drewer schlug einer Frau hinterrücks mit einem Knüppel auf den Kopf. Als diese zu Bo­den sackte, erfolgte ein weiterer Schlag. Die Geschädigte wurde mit Verdacht auf Schädelbasisbruch und möglichen Hirnblutungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Die ÄrztInnen diagnostizierten eine schwere Gehirnerschütterung und eine Platzwunde. Mehrere weitere Geschädigte mussten aufgrund von Kopfplatzwunden ambulant behandelt werden. Nach der „tumultartigen Situation“, so der Vorsitzende Richter Bittner, dirigierte Drewer den Abzug der Angreifer­Innen. Auch der Angeklagte René Heu­ke habe, entgegen seiner Einlassung, an dem Überfall tatkräftig mitgewirkt. So wurde er bei der Flucht in die Wohnung von seinem damaligen Vermieter mit einem Knüppel in der Hand beobachtet. Das Gericht bewertete die Tat als „politisch motivierten Überfall“.

Belastet wurden die Angeklagten Drewer, Heuke und Mike Dasberg durch weitere Aussagen der ehemaligen Neonazi-Aktivistin. Sie habe gehört, wie sich die drei auf Kameradschaftsabenden mit der Tat gebrüstet hätten. Ihre Aussagen wertete das Gericht als glaubhaft: Schließlich musste der Angeklagte Drewer auf Anordnung des Gerichts sein Handgelenk präsentieren, Anders als Heu­ke hat er sich das „KKK30“-Tattoo nicht entfernen lassen. Auf Nachfrage der Nebenklagevertretung, wie die „Aus­steigerin“ die angebliche Distanzierung des Angeklagten Heuke von der rechten Szene bewerte, sagte sie, sie würde der Distanzierung wenig Glauben schenken. Heuke nimmt laut eigener Aus­sage am Aussteigerprogramm des Ver­fassungsschutzes teil.

Schlussendlich verurteilte das Landgericht Wuppertal alle vier Angeklagten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen von jeweils zwei Jahren und sechs Monaten. Die immensen Verhandlungskosten tragen die Angeklagten. Anders als beim erstinstanzlichen Urteil wurde bei Drewer das Jugendstrafrecht angewendet, was mit seiner „schwierigen Jugend“ begründet wurde. Damit hat er keine Möglichkeit mehr, eine Revision des Urteils zu beantragen. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Drewer selbst hinterließ in seinem Schlusswort ein kla­res Bild seiner Gesinnung. So zitierte er Hermann Göring und versuchte das Ge­richt zu belehren, worin der Unterschied zwischen Faschismus und Nationalsozialismus bestehe.

Berufungsprozess in drei Anläufen

Das Amtsgericht Wuppertal hatte die Neonazis bereits im März 2013 in erster Instanz verurteilt. Bis allerdings das Urteil im Berufungsprozess gesprochen wer­den konnte, waren drei durch Krankheitsfälle auf der Richter- und SchöffInnenbank bedingte Anläufe nötig. Die geschädigten ZeugInnen mussten somit insgesamt vier bis fünf Mal ihre Aussagen machen. Sie waren dabei stets mit aggressiv auftretenden Neonazis im Besucherraum konfrontiert. Die Opferberatung Rheinland warnte in einer Presse­mit­teilung vor der Gefahr der Retraumatisierung durch die wiederholte Konfrontation mit den Tätern und der Tat. Außerdem beklagte sie, dass durch unbedarften Umgang die zuvor diskret geführten Adressen der Geschädigten in der Akte einsehbar waren. Defizite bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit bemängelte das Gericht in seiner Urteilsbegründung. So seien zum Beispiel sichergestellte Knüppel nicht auf DNA-Spuren und Fingerabdrücke überprüft worden.

Der Prozess fand unter großer Anteilnahme der Neonazi-Szene statt. Direkt nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im März 2013 hatten 50 Neonazis mit einer Kundgebung protestiert. Im Zu­hörerbereich fand sich eine stets wechselnde Zahl von UnterstützerInnen ein, unter ihnen auch Paul Breuer von der verbotenen Kameradschaft Köln und Jonas Ronsdorf, Rädelsführer des als „kriminelle Vereinigung“ eingestuften Freundeskreises Rade. Schon in der Tatnacht hatte die Polizei in der WG Kaiserstraße 30 die Personalien von insgesamt 14 Neonazis aus NRW und Niedersachsen festgstellt, gegen die anfangs als Tat­verdächtige ermittelt wurde. Deshalb mussten auch Neonazis aus Bückeburg, Viersen und Dortmund im ZeugInnenstand erscheinen, die sich allesamt auf das Auskunftsverweigerungsrecht bei Eigenbelastung nach §55 StPO beriefen. Nicht zuletzt zeigte der Prozess, dass sich die Wuppertaler Szene auf ihre „Kameraden“ aus anderen Städten verlassen kann. So gab der mittlerweile in Frechen wohnhafte Michele Dasberg eine vermeintlich günstige Sozialprognose durch seinen aktuellen Arbeitgeber zu Protokoll. Ausgestellt war diese vom In­ha­ber der Firma Ruhug aus Niederzier, In­go Haller. Haller war bis zu seinem En­de 2010 erfolgten Ausschluss aus der Par­tei Vorsitzender des NPD-Kreisverbands Düren und bis zu deren Verbot im Au­gust 2012 Mitglied der Kameradschaft Aachener Land.

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