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Die NPD als Nachfolgeorganisation des „Aktionsbüros Mittelrhein“

Drei Jahre nach der Razzia gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer des „Aktionsbüros Mittelrhein“ (ABM) sind dessen Strukturen in der NPD aufgegangen. Bereits seit Mitte des Jahres 2013 organisieren sich Neonazis, die zum Mitglieder- bzw. Unterstützerkreis des ABM gezählt werden, bei den „Jungen Nationaldemokraten (JN) Ahrtal“. Im September 2014 gründete sich mit dem NPD-Kreisverband (KV) Mittelrhein eine weitere Vereinigung, in der Neonazis aus den Reihen des ABM den Ton angeben.

Drei Jahre nach der Razzia gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer des „Aktionsbüros Mittelrhein“ (ABM) sind dessen Strukturen in der NPD aufgegangen. Bereits seit Mitte des Jahres 2013 organisieren sich Neonazis, die zum Mitglieder- bzw. Unterstützerkreis des ABM gezählt werden, bei den „Jungen Nationaldemokraten (JN) Ahrtal“. Im September 2014 gründete sich mit dem NPD-Kreisverband (KV) Mittelrhein eine weitere Vereinigung, in der Neonazis aus den Reihen des ABM den Ton angeben.

„Das Spiel ist aus“

Der Umgang mit Repression war für das ABM nichts Neues. Bereits im März 2011 präsentierte sich die Kameradschaft bei einem Aufmarsch in Trier mit einem Transparent, das den Schriftzug „Das Spiel ist aus! Repression zerschlagen“ trug. Der Grund waren Ermittlungen gegen Neonazis, die einen Aussteiger brutal zusammen geschlagen hatten. Auch Neonazis des ABM waren von den Ermittlungen betroffen. Ein Jahr später war das Spiel dann tatsächlich aus: Wenige Tage vor einem angekündigten Aufmarsch für ein „Nationales Jugendzentrum“ durchsuchte die Staatsanwaltschaft Koblenz im März 2012 die Wohnungen von 33 Personen und nahm 26 von ihnen in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Mitglieder des ABM sollen an dem Angriff auf das alternative Wohnprojekt Praxis in Dresden beteiligt gewesen sein. Zudem soll die Gruppe „Anti-Antifa“-Arbeit betrieben haben und für körperliche Übergriffe verantwortlich gewesen sein. (vgl. LOTTA #47 S. 29) Der Prozess vor dem Landgericht Koblenz läuft seit 2012. Ein Ende ist nicht Sicht.

Auffangbecken JN

Mitte des Jahres 2013 gründete sich die JN Ahrtal. Von der Organisierung in der NPD-Jugendorganisation versprechen sich die Angeklagten offenbar einen besseren Schutz vor staatlicher Repression. Gute Kontakte zur NPD gab es jedoch bereits zu Zeiten des ABM. Sven Lobeck, eine der Führungsfiguren der Gruppe, war zeitgleich der Kreisvorsitzende der NPD Koblenz. Nach den Razzien verschwanden gleich zwei NPD-Kreisverbände von der Bildfläche: neben dem KV Koblenz auch der KV Ahrweiler. Der Landespressesprecher der NPD, Safet Babic, bedauerte, dass ihnen nach der Inhaftierung die Mitglieder des ABM „zum Teil wohl fehlen“ würden. Nach ihrer Freilassung aus der U-Haft im Januar 2014 zeigte sich, wie gut die Neonazis des ABM vernetzt sind. So nahmen einzelne Angeklagte im März 2014 am JN-Europakongress in Kirchheim teil. Kontakte zur NPD-Jugendorganisation bestanden schon 2010. Beim „Südwestdeutschen Kulturtag“ der JN in Ludwigshafen trat der Angeklagte Phillip Neumann alias Liedermacher „Phil“ von der Band Flak auf.

„Eine Nachricht macht die Runde“

Beim letzten „Südwestdeutschen Kulturtag“ 2013 warben JN-Aktivisten mit der Kampagne „Eine Nachricht macht die Runde“ für Solidarität mit den Angeklagten. Bei dieser Kampagne handelte es sich um eine der größten bundesweiten Aktionen der JN in den letzten Jahren. Auch der damalige JN-Bundesvorsitzende Andy Knape besuchte den Prozess. Die JN verteilte Flugblätter und nahm Gruppenbilder mit einem Kampagnen-Transparent auf, welches von den Neonazis auch bei Aufmärschen, beispielsweise im August 2013 in Dortmund, mitgeführt wurde. Hinter dem Transparent stand Paul Breuer, selbst Angeklagter im Prozess. Auch zu Aufmärschen in Döbeln und Bad Nenndorf reisten Angeklagte aus dem Rheinland an. Die Nachricht war deutlich: Wir machen weiter. Und das taten sie. Noch nicht ein Jahr aus der U-Haft entlassen, fotografierte Marc M. bei Aufmärschen Gegendemonstrierende ab. Die JN Ahrtal und ihr Umfeld setzte dort an, wo das ABM aufgehört hatte.

Neben der JN versuchte auch Die Rechte (DR) um Christian Worch, den ABM-Prozess aufzugreifen. In Koblenz fanden zwei Aufmärsche statt, zu denen mehrheitlich Neonazis aus dem Spektrum von DR angereist waren. Letzteren organisierte der DR-Landesverband Rheinland-Pfalz. Zwischen diesem und den Angeklagten wäre eine weitere Zusammenarbeit möglich gewesen, wenn sich der Landesverband aufgrund interner Streitigkeiten kurze Zeit später nicht wieder selbst zerlegt hätte (vgl. LOTTA #55, S. 26).

Auch der rheinland-pfälzische JN-Landesverband Rheinland & Pfalz verschwand von der Bildfläche. Dieser stand dem ehemaligen NPD-Landesvorstand um die völkisch geprägten Klaus und Dörthe Armstroff nahe, die aus dem Landesvorstand gedrängt worden waren und die Partei Der Dritte Weg gründeten (vgl. LOTTA #54, S. 32). Übrig blieb die JN Ahrtal als einzige rheinland-pfälzische JN-Struktur.

Arbeitsteilung

Die letzten Angeklagten im ABM-Prozess wurden im Januar 2014 aus der U-Haft entlassen. Auch sie blieben nicht lange untätig. Beim im Herbst stattfindenden „Trauermarsch“ in Remagen, der bis zu den Festnahmen vom ABM organisiert worden war, beteiligten sie sich erneut an der Organisation. Demonstrativ liefen Angeklagte des Prozesses vorneweg – unter ihnen Sven Lobeck und Christian Häger.

Im September 2014 wurde Lobeck erneut zum Vorsitzenden der örtlichen NPD gewählt. Nur heißt der Verband jetzt nicht mehr Koblenz, sondern Mittelrhein. Die Parallele zur Namensgebung des ABM ist kaum zu übersehen. Einen Monat später hielt Lobeck eine Rede am „Feld des Jammers“ in Bretzenheim (Rheinland-Pfalz) zusammen mit dem Landesvorstand der NPD. Die JN jedoch fehlte, von den anderen Angeklagten war dort niemand zu sehen. Sie scheinen sich erneut eher auf Jugendarbeit zu konzentrieren, veranstalten Feiern und fahren zu größeren Aufmärschen.

Am Mittelrhein nichts Neues

Kürzlich übernahm Christian Häger den Vorsitz des NPD-Kreisverbandes Mittelrhein. Warum er Lobeck – der bis dato das Gesicht der lokalen NPD gewesen war – ablöste, ist bislang unklar. Darüber hinaus ist jedoch vieles beim Alten geblieben. Obwohl das ABM Vergangenheit ist, sind die Führungspersonen in Nachfolgestrukturen weiterhin aktiv. Mit Christian Häger ist wieder ein führender Neonazi des ABM Vorsitzender des örtlichen NPD-Kreisverbandes. Die JN Ahrtal macht Jugend- und „Anti-Antifa“-Arbeit. So bleibt die alte Arbeitsteilung bestehen. Die klare Benennung als KV Mittelrhein hätte es nicht gebraucht. Sie zeigt aber, dass sich die Angeklagten dank des Parteienprivilegs scheinbar keine Sorgen um Repressionen machen. Abzuwarten bleibt, welche Rolle die JN Ahrtal über das Rheinland hinaus spielen wird. Nach dem Wegbrechen der JN Rheinland & Pfalz ist denkbar, dass diese Struktur künftig vom Mittelrhein aus gesteuert wird.

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