Eher Kalkül als Zufall: Süddeutsche Neonazis lange vor dem Verbot des „Freien Netz Süd“ mit einem Transparent der grade gegründeten Partei „III. Weg“..

Brandgefährlich

Die Partei „Der III. Weg“ in RLP, NRW und Hessen

2015 brennen in der Bundesrepublik wieder (bewohnte) Unterkünfte von Geflüchteten, auch in Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen. In allen drei Bundesländern ist die Partei Der III. Weg aktiv. Sie hat das Thema Flüchtlinge zu ihrem Schwerpunkt gemacht. In RLP werden Der III. Weg und die Anschläge mittlerweile sogar öffentlich in Verbindung gebracht. Was verbirgt sich also hinter dieser Partei?

2015 brennen in der Bundesrepublik wieder (bewohnte) Unterkünfte von Geflüchteten, auch in Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen. In allen drei Bundesländern ist die Partei Der III. Weg aktiv. Sie hat das Thema Flüchtlinge zu ihrem Schwerpunkt gemacht. In RLP werden Der III. Weg und die Anschläge mittlerweile sogar öffentlich in Verbindung gebracht. Was verbirgt sich also hinter dieser Partei?

„Wir von der Partei 'Der III. Weg' leisten weiterhin politischen Widerstand, können aber Deutsche verstehen, die darüber hinaus aktiv sind.“ Mit diesen Worten ließ sich Klaus Armstroff, Vorsitzender von Der III. Weg im Mai diesen Jahres auf der Internetseite der Partei zitieren. Nur wenige Tage zuvor hatten Unbekannte eine geplante Flüchtlingsunterkunft im rheinland-pfälzischen Limburgerhof angezündet. Genau dort hatten Armstroff und seine Partei mehrfach Kundgebungen abgehalten und rassistische Flyer verteilt. Und auch danach hielt die Partei ihre Füße nicht still: Der III. Weg ging erneut auf die Straße und hetzte gegen Flüchtlinge, die noch gar nicht angekommen waren.

Das Erschreckende: Limburgerhof ist kein Einzelfall. Im Januar diesen Jahres griffen Unbekannte mit Farb-Pistolen eine Unterkunft in Porta Westfalica (NRW) an. Auch dort hetzte die Neonazi-Partei im Vorfeld gegen Asylsuchende. Bereits im Dezember 2014 kündigte sie an, dort „in den kommenden Wochen […] mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die zunehmende Asylantenwelle und die Verausländerung unserer Heimat aufmerksam [zu] machen.“ Am Abend des 14. September 2015 warfen Unbekannte schließlich mehrere Molotowcocktails auf eine Unterkunft in der Stadt, in der sich 37 Menschen aufhielten. Einer der Brandsätze verfehlte das Küchenfenster nur knapp und zündete an der Hauswand. Bundesweite Aufmerksamkeit erregte die Partei im Juli mit einer digitalen Karte bei googlemaps, in der Standorte von Flüchtlingsunterkünften eingezeichnet waren. Kritiker_innen warfen der Partei vor, Gewalttäter_innen damit Anschlagsziele zu liefern.

Entstehung

Gegründet wurde Der III. Weg am 28. September 2013 in Heidelberg. Der Name soll auf das Ziel eines „Deutschen Sozialismus“ verweisen, der, ebenso wie bei den faschistischen Bewegungen der Zwischenkriegszeit, als„dritter Weg“ zwischen „Kapitalismus“ und „Kommunismus“ verstanden wird. Von der Politik und den Medien wird die Partei oftmals als Auffangbecken für radikale und frustrierte NPD-Mitglieder beschrieben. Mit Blick auf den Vorstand der Partei scheint diese Analyse auf den ersten Blick naheliegend: Sowohl Armstroff als auch sein Stellvertreter Matthias Herrmann sowie die Beisitzer René Rodriguez-Teufer und Christian Steup sind ehemalige NPD-Funktionäre aus RLP. Sie alle haben die NPD im Sommer 2013 im Streit verlassen, nachdem sich im Landesverband mehr und mehr ein subkulturell orientierter Flügel durchgesetzt hatte. Einzig Vorstandsmitglied Sandro Makai war Mitglied der Berliner NPD.

Will man die Entstehung der Partei in Gänze verstehen, ist dieser Blick jedoch zu oberflächlich. Denn nicht nur NPDler_innen gehören zur Zielgruppe der Kleinstpartei. In RLP sind es auch Neonazis der Ludwigshafener Nazis und Rassisten (LuNaRa) oder des Aktionsbüro Rhein-Neckar, die inzwischen mit Der III. Weg-Symbolik auf Demonstrationen auftreten. Doch die Partei hatte von Anfang an nicht nur  RLP im Blick. Schon der Gründungsort Heidelberg wies auf die geplante Zusammenarbeit mit dem in Baden-Württemberg und Bayern aktiven Freien Netz Süd (FNS) hin. Das FNS sah bereits 2013 seinem Verbot als kriminelle Vereinigung entgegen.

Auch in Niedersachsen und NRW waren es keine ehemaligen NPD-Funktionär_innen, die die Gründung eines Ablegers vorantrieben. Zur Gründung des „Stützpunkts Hermannsland“ ließen im Oktober 2014 Neonazis aus dem Kreis des ehemaligen Kameradschaftsnetzwerkes Westfalen Nord schwarze, weiße und rote Luftballons am Kaiser-Wilhelm-Denkmal im ostwestfälischen Porta Westfalica steigen. Bereits vor der Gründung des Stützpunktes war der aus dem rheinland-pfälzischen Trier nach Leopoldshöhe bei Bielefeld verzogene Peter Hallmann in einem Reisebericht aus Irland auf der Homepage von Der III. Weg als Aktivist der Partei erkennbar gewesen. Schon bei Westfalen Nord spielte er eine zentrale Rolle. Hallmann ist einer der Organisatoren der jährlichen „Trauermärsche“ im niedersächsischen Bad Nenndorf. Am 22. November 2014 trat Hallmann für die Partei als Redner beim Aufmarsch im rheinland-pfälzischen Remagen auf.

Der III. Weg versteht sich selbst als nationalrevolutionär. Im Gegensatz zur NPD verzichtet die Partei weitestgehend auf eine populistische Maskerade, sondern versucht auch öffentlich das Bild einer ideologisch gefestigten Partei des Neonazismus zu verbreiten, für die die völkische Ideologie im Mittelpunkt steht. Dies wird auch an der Position zum Umgang mit Geflüchteten deutlich, die sich im vierten Punkt des Zehn-Punkte-Parteiprogramms findet: „Heimat bewahren. Zur Beibehaltung der nationalen Identität des deutschen Volkes sind die Überfremdung Deutschlands und der anhaltende Asylmißbrauch umgehend zu stoppen. Kriminelle sowie dauerhaft erwerbslose Ausländer sind aus Deutschland stufenweise auszuweisen.“ Passend dazu fordert Der III. Weg den Erhalt der „biologischen Substanz“ des Volkes. Der zentrale Bestandteil völkischer Ideologie ist die Vorstellung eines genetisch zusammengewachsenen, homogenen Volkes als kollektive „Volksgemeinschaft“.

Aktionsrahmen

Diese völkische Ideologie zeigt sich auch in den Aktionen der Partei. Zur Pflege völkischen Brauchtums organisiert Der III.Weg regelmäßig Sonnenwendfeiern, Heldengedenken und Wanderungen. Doch offenbar möchte die Partei ihren bisherigen Wirkungskreis erweitern: So sammeln ihre Mitglieder Unterschriften für die Teilnahme an der rheinland-pfälzischen Landtagswahl im März 2016. Dafür werden Übernachtungsmöglichkeiten für Unterstützer_innen u.a. in Mainz, Ludwigshafen und im Westerwald angeboten. Offenbar fehlt es an Personal. Berichten über Flyerverteilaktionen werden häufig Bilder beigestellt, die die Flyer und das jeweilige Ortsschild zeigen. Es scheint, als müsse die Partei beweisen, dass eine Verteilung wirklich stattgefunden hat. Denn in der Öffentlichkeit verpuffen solche Aktionen, besonders dann, wenn vor Ort keine gefestigten Strukturen und lediglich unerfahrene Neonazis zur Verfügung stehen.

Im Einzugsgebiet langjähriger Kader sieht das anders aus: Dort treten Aktivist_innen bei Informationsveranstaltungen zur regionalen Unterbringung von Flüchtlingen selbstbewusst als „besorgte Bürger“ ans Mikrofon und versuchen die anwesenden Bürger_innen mit ihren Beiträgen zu verunsichern. Vor der Tür werden dann Flugblätter verteilt. So etwa geschehen im Sommer in Bad Dürkheim und Ludwigshafen, der „Homezone“ der Partei. Dort organisierte Der III. Weg mehrfach Demonstrationen, an denen teilweise über 50 Neonazis teilnahmen.

Personalia

Der völkische Schwerpunkt der Partei zeigt sich auch an ihrem Personal. Dabei reicht ein Blick auf die Funktionsträger, bei denen eine Gemeinsamkeit immer wieder auffällt: Viele der führenden Akteure der Partei standen der 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) nahe. Diese Neonazigruppe hatte sich die nach völkischen und nationalsozialistischen Idealen ausgerichtete Erziehung von Kindern und Jugendlichen auf die Fahne geschrieben. Mario Matthes, der heute in tragender Rolle bei Demonstrationen im Kreis Bad-Dürkheim und Ludwigshafen in Erscheinung tritt, war bereits als Jugendlicher in Zusammenhängen der HDJ aktiv. Öffentlich trat er erstmals 2006 als Kreisvorsitzender der NPD Mainz auf. 2007 versuchte er erfolglos, in Wiesbaden einen eingeschlafenen NPD-Kreisverband wieder aufzubauen. Nachdem er 2009 einen Studenten an der Uni Mainz ins Krankenhaus geprügelt hatte, den er von einer Anti-Nazi-Demonstration her wiedererkannt haben wollte, wurde er exmatrikuliert und zog erst ins hessische Niedernhausen, später zu Klaus Armstroff nach Weidenthal, wo heute der Parteisitz von Der III. Weg ist. Bis Herbst 2013 war Matthes stellvertretender Vorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN) Rheinland & Pfalz, die aber mit dem Führungswechsel innerhalb der rheinland-pfälzischen NPD in der Versenkung verschwanden.

Auch der stellvertretende Vorsitzende Matthias Herrmann hat eine Vergangenheit bei der völkisch orientierten HDJ. Herrmann zog um 2000 aus Jena nach Rheinland-Pfalz, wo er zusammen mit Teufer und Malte Redeker das Aktionsbüro Rhein-Neckar aufbaute. Nachdem die HDJ verboten wurde, war es Herrmann, der die Aktivitäten in Südwestdeutschland unter dem Dach der IG Fahrt und Lager der JN weiterführte. Im letzten Jahr zog Herrmann von Ludwigshafen ins hessische Runkel-Wirbelau. Sicherlich kein Zufall, denn dort wohnt auch das Ehepaar Daniela und Timo Völkel. Man kennt sich aus HDJ-Zeiten. Mit Matthes zusammen nahmen sie 2007 an einem Treffen in der Schweiz teil. Aufnahmen von diesem Treffen zeigen Völkels bei der Teilnahme an einem Schießtraining. Der Kreis schließt sich auf dem Grundstück der Armstroffs in Weidenthal, wo im August 2008 eine Informationsveranstaltung der HDJ mit 25 Teilnehmenden stattfand.

Daran wird deutlich, wie Netzwerke einer verbotenen Organisation bei Der III. Weg wieder zusammen finden. So genießen nicht nur die vormaligen Mitglieder des FNS den Schutz des Parteienstatus, sondern ebenso die ehemaligen Aktivist_innen der damals gut vernetzten und weitestgehend konspirativ tätigen Kaderorganisation HDJ.

Bundesweite Ausdehnung im Blick

Der III. Weg ist eine Partei, die versucht, sich schrittweise auch bundesweit aufzustellen. Auch wenn nach dem Eintritt ehemaliger FNS-Mitglieder ein wichtiger Schwerpunkt in Bayern liegt, ist der Parteisitz weiterhin in RLP. In den letzten zwei Jahren haben sich mehrere Stützpunkte gegründet, die bereits Handlungsfähigkeit erreicht haben, über Ländergrenzen hinweg aktiv sind und extrem rechten Zusammenhängen ein organisatorisches Dach bieten. Die Abgrenzung zur NPD geschieht hier weniger durch die „Radikalität“ der politischen Positionen als vielmehr durch die ideologische Festigung und Strukturierung der Mitgliedschaft. Gerade die Führungsebene wird von geschulten, teilweise studierten Kadern besetzt, die Strukturen, Freizeitangebote und Aktionen organisieren können.

Allerdings fehlt es der Partei insgesamt an Personal. Trotz Merchandising mit Parteilogo und provokantem Auftreten hat es Der III. Weg noch nicht geschafft, sich flächendeckend aufzustellen. In Nordrhein-Westfalen wird das Spektrum ehemals Freier Kameradschaften maßgeblich von Die Rechte, der anderen neonazistischen Kleinstpartei, organisiert. In Hessen fanden bislang nur Einzelaktionen des Der III. Weg statt.

Der rheinland-pfälzische SPD-Landtagsfraktionschef Alexander Schweitzer hat bereits öffentlich ein Verbotsverfahren gegen Der III. Weg in Erwägung gezogen. Notwendig für ein erfolgreiches Verbot wäre allerdings, den schwierigen Nachweis der Fortführung von verbotenen Organisationen wie dem FNS oder der HDJ durch die Neonazi-Partei zu erbringen.

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