„Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“?

Mira Landwehrs Buch ist eine kritische Akteurs- und Ideologieanalyse der jüngeren Erscheinungsformen der veganen Tierrechtsbewegung.

Die Historikerin und Germanistin wirft einen Blick auf Strukturmerkmale, verortet Akteur*innen und Positionen in deren „Zusammenhang von Tierliebe und Menschenhass“ und benennt radikale Ausreißer. Dabei schildert und analysiert sie Aspekte einer fundamental veganen Lebensweise in Askesegemeinschaft als „Heilsversprechen“ ebenso wie die Bindungskraft von Organisationen oder Kampagnen wie Sea Shepherd oder Anonymous for the Voiceless. Veganismus und Aktivismus für Tierrechte treten in dieser Kombination nicht selten als identitätsstiftende Größe auf, die sich moralisch integer gibt gegenüber einer Tiere verachtenden und missbrauchenden Gesellschaft. Ein knappes und präzises Schlaglicht setzt Landwehr auf die Ideen esoterisch grundierter oder moralphilosophisch argumentierender Stichwortgeber*innen, die ideologisches Unterfutter bieten — unter ihnen auch Peter Singer, vermeintlicher „Erfinder“ des in seiner ökozentristischen bis hin zu antihumanistischen Einfärbung maximal problematischen „Speziezismus“-Begriffs.  Es bleibt der Eindruck, dass Teile der veganen Tierrechtsszene nicht verstanden haben dürften, dass ihr Impetus, „unpolitisch“ zu sein, dort nach hinten losgeht, wo Menschenfeindlichkeit, gepaart mit Rassismus und Antisemitismus, Grundlage ihrer Tierliebe ist. Kein Wunder, dass Vertreter*innen völkisch-rassistischer Haltungen hier auch praktisch Anknüpfungspunkte finden — und zu selten konsequent ausgegrenzt werden. Vorwürfe aus Teilen der veganen Tierrechtsszene, Landwehr träfe verallgemeinernde Urteile, sind jedenfalls unbegründet, so ausgewogen und transparent wie die Autorin bei ihren Beispielen bleibt. Tiefenschärfe und große Linien kann ein so knapper Band aber leider auch nicht bieten.

Mira Landwehr: „Vier Beine gut, zwei Beine schlecht“. Zum Zusammenhang von Tierliebe und Menschenhass in der veganen Tierrechtsbewegung konkret texte 77, Hamburg 2019 125 Seiten, 15 Euro

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