Monument zur Erinnerung an die Opfer des Massenmords in Chełmno

„Der Beginn der ‚Endlösung‘“

Das Vernichtungslager Kulmhof in Chełmno

In der 300 Einwohner\*innen umfassenden Gemeinde Chełmno, 70 Kilometer nordwestlich der Großstadt Łódź, errichteten die Deutschen im Dezember 1941 das erste Vernichtungslager im besetzten Polen. Mindestens 152.000 Jüdinnen\*Juden sowie über 5.000 weitere Menschen, die allermeisten Sinti\*zze und Rom\*nja, wurden dort durch Kohlenmonoxid in zu mobilen Gaskammern umgebauten Lastkraftwagen ermordet.

In der 300 Einwohner*innen umfassenden Gemeinde Chełmno, 70 Kilometer nordwestlich der Großstadt Łódź, errichteten die Deutschen im Dezember 1941 das erste Vernichtungslager im besetzten Polen. Mindestens 152.000 Jüdinnen*Juden sowie über 5.000 weitere Menschen, die allermeisten Sinti*zze und Rom*nja, wurden dort durch Kohlenmonoxid in zu mobilen Gaskammern umgebauten Lastkraftwagen ermordet.

Es war ein albtraumhaftes Geschehen, das sich in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 auf dem Hof eines ehemaligen, von einem Bretterzaun umgebenen Gutshauses am Rande des Dorfes Cheł­mno, das nach dem deutschen Überfall auf Polen im September 1939 in Kulmhof umbenannt wurde, abspielte. Rund um die auf dem Anwesen gelegene Scheune, in der mehrere Dutzend jüdische Männer gefangen gehalten wurden, hatten sich schwerbewaffnete SS- und Polizeiangehörige — Mitglieder eines sogenannten „Sonderkommandos“ postiert. In Gruppen zu je fünf Personen mussten die Gefangenen auf den Hof treten und sich auf die Erde legen. Dann wurden sie erschossen. Unter ihnen befand sich der damals 14-jährige Szymon Srebrnik. Doch wie durch ein Wunder überlebte er das Massaker. Von den Angehörigen des „Sonderkommandos“ offenkundig für tot gehalten, gelang es ihm, trotz seiner schweren Verletzungen in einem unbeobachteten Augenblick in der Dunkelheit zu entkommen. Er versteckte sich in einem nahe gelegenen Dorf und erlebte dort nur kurze Zeit später die Befreiung durch die Rote Armee. Szymon Srebrnik ist einer der wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers Kulmhof.

Beginn der „Endlösung“

Die Mordstätte in Chełmno, an der am 8. Dezember 1941 die Angehörigen eines „Sonderkommandos“ ihr akribisch vorbereitetes tödliches Werk in Gang setzten, war das erste Vernichtungslager im Rahmen der Shoah, noch bevor am 20. Januar 1942 auf der „Wannseekonferenz“ in Berlin die bereits angelaufene systematische Ermordung der europäischen Jüdinnen*Juden weiter koordiniert werden sollte. Die Politik der Vernichtung auf dem Gebiet des „Reichsgau Wartheland“, wo Chełmno lag, ging der „Aktion Reinhardt“ (vgl. LOTTA #66, #67 und #69) voraus — der im März 1942 beginnenden Ermordung der jüdischen Bevölkerung im östlich angrenzenden „Generalgouvernement“, der mindestens 1,6 Millionen Jüdinnen*Juden, aber auch rund 50.000 Sinti*zze und Rom*nja vor allem in den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka zum Opfer fielen. Im Hinblick auf die Organisation des Tötens sowie die Beseitigung der zahllosen Leichen diente das Vernichtungslager Kulmhof den Tätern der „Aktion Reinhardt“, aber auch den Protagonisten des Massenmords im Lagerkomplex Auschwitz als Referenz- und Anschauungsobjekt und führte den „Vordenkern der Vernichtung“ (Götz Aly/Susanne Heim) die prinzipielle Realisierbarkeit ihrer in der Menschheitsgeschichte präzedenzlosen Mordplanungen vor Augen. Es ist also durchaus plausibel, dass der israelische Historiker und Shoah-Überlebende Shmuel Krakowski, Mitglied der Widerstandsbewegung im Ghetto von Łódź, die Errichtung des Vernichtungslagers Kulmhof als den „Beginn der ‚Endlösung‘“ bezeichnet.

„Vergessener Ort des Holocaust“

Umso erstaunlicher mutet hingegen die Beobachtung an, dass die Geschichte der Mordstätte im Vergleich zu anderen Verbrechenskomplexen der NS-Vernichtungspolitik in der bundesdeutschen Erinnerungskultur, aber auch in inter- und transnationaler Perspektive kaum präsent ist — obwohl Szymon Srebrnik in einer Reihe von Strafprozessen gegen die wenigen, sich schließlich vor polnischen und bundesdeutschen Gerichten zu verantwortenden Täter als Zeuge aussagte: Etwa im Verfahren gegen zwölf ehemalige Mitglieder der Lagermannschaft vor dem Landgericht Bonn im Jahr 1962 und auch im Prozess gegen Adolf Eichmann vor dem Jerusalemer Bezirksgericht, der im Dezember 1961 endete. Seine Berichte fanden in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Erst Claude Lanzmanns Dokumentarfilm „Shoah“ (1985), in dem neben Szymon Srebrnik auch Mordechaï Podchlebnik, ein weiterer Überlebender, porträtiert wurde, setzte den Opfern des Massenmords im Vernichtungslager Kulmhof ein auch international wahrnehmbares, mediales Denkmal.

„Exerzierplatz des Nationalsozialismus“

Die maßgebliche Initiative zur systematischen Ermordung der Jüdinnen*Juden im „Reichsgau Wartheland“ ging von „Reichsstatthalter“ Arthur Greiser und dem ihm unterstellten Verwaltungsapparat aus. Der fanatische Nationalsozialist stand seit Oktober 1939 an der Spitze des „Warthegaus“, einem Verwaltungsgebiet, das aus denjenigen annektierten polnischen Territorien gebildet worden war, die an das Deutsche Reich angegliedert wurden. Greiser deklarierte seinen Machtbereich zu einem „Exerzierplatz des Nationalsozialismus“, der zu einer nach völkischen Kriterien strukturierten „Musterregion“ umgestaltet werden sollte. So wurden mindestens 630.000 polnische Einwohner*innen in das östlich angrenzende „Generalgouvernement“ deportiert, während fast 200.000 Deutsche aus dem „Altreich“ sowie mindestens 230.000 „Volksdeutsche“ — etwa aus dem Baltikum und Südosteuropa — im „Warthegau“ angesiedelt wurden.

Schon unmittelbar nach dem Beginn der deutschen Besatzung kam es zu zahlreichen Massakern durch Wehrmachtseinheiten, Polizei und SS. Seit Anfang Dezember 1940 wurde die jüdische Bevölkerung in 173 Arbeitslager und Ghettos gezwungen, von denen das Ghetto in der Stadt Łódź, die von den Deutschen in Litzmannstadt umbenannt worden war, mit rund 160.000 Menschen — Jüdinnen*Juden aus dem „Warthegau“, ab 1941 auch aus dem „Altreich“ sowie im November 1941 mindestens 5.000 Sinti*zze und Rom*nja — das größte darstellte.

Die Entscheidung zum systematischen Massenmord fiel vermutlich im Sommer 1941. Am 16. Juli 1941 schickte SS-Sturmbannführer Rolf-Heinz Höppner, der beim Stab des „Höheren SS- und Polizeiführer“ im „Warthegau“ tätig war, einen Vermerk an den im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) für die Deportationen von Jüdinnen*Juden aus Deutschland verantwortlichen Adolf Eichmann, „dass bei Besprechungen in der Reichsstatthalterei […] von verschiedenen Stellen die Lösung der Judenfrage […] angeschnitten“ worden sei. Angesichts einer vermeintlich prekären Ernährungslage im bevorstehenden Winter müsse erwogen werden, „ob es nicht die humanste Lösung ist, die Juden, soweit sie nicht arbeitseinsatzfähig sind, durch irgendein schnellwirksames Mittel zu erledigen“. Dies klinge zwar „phantastisch“, sei aber „durchaus durchführbar“. Die zynische Sachzwanglogik, die von der Reichsstatthalterei konstruiert wurde, um den Genozid zu legitimieren, stieß bei der NS-Führung in Berlin auf Zustimmung. Greiser hatte zudem Adolf Hitler über seine Pläne in Kenntnis gesetzt, der dem Gauleiter seinerseits vollkommene Handlungsfreiheit ließ.

Ablauf des Massenmords

Den Kern der „Sonderkommandos“ in Chełmno bildeten 15 bis 20 Angehörige der Staatspolizeistelle in Posen unter der Führung von SS-Hauptsturmführer Herbert Lange, die bereits über eine einschlägige Verbrechensgeschichte verfügten, waren sie doch verantwortlich für die gezielte Tötung von über 6.200 Patient*innen in Heil- und Pflegeeinrichtungen im „Warthegau“ und in Ostpreußen. Bereits Ende September 1941 begann das „Sonderkommando“ mit der systematischen Ermordung der Jüdinnen*Juden im Kreis Konin, die in einem Waldstück erschossen und in Massengräbern verscharrt wurden. Ab November 1941 errichtete die Einheit um Herbert Lange, ergänzt um etwa 100 Ordnungspolizisten des in Łódź stationierten Polizeibataillons, das Vernichtungslager in Chełmno. Der Massenmord sollte hier durch „Gaswagen“ verübt werden, ein Mordinstrument, das bereits im Rahmen der sogenannten „Euthanasie“-Verbrechen zum Einsatz gekommen war.

Ab Anfang Dezember trafen begleitet von „Transportkommandos“ der Ordnungspolizei die ersten Deportationszüge mit Jüdinnen*Juden aus den in der Umgebung von Łódź gelegenen Ghettos auf dem durch einen Bretterzaun abgeschirmten Gelände ein. Den Verschleppten war erklärt worden, dass sie in Arbeitslager gebracht würden, tatsächlich aber trieben Angehörige des „Sonderkommandos“ die Menschen in das Gutsgebäude, das sogenannte Schloss, wo sie sich entkleiden und ihre Wertsachen abgeben mussten. Anschließend wurden sie gezwungen, in den Laderaum eines unmittelbar am Gebäude postierten Lkws zu steigen. Nachdem bis zu 120 Männer, Frauen und Kinder auf diese Weise zusammengepfercht worden waren, verschlossen Mitglieder der Wachmannschaft die Türen des LKW, starteten dessen Motor und leiteten die Abgase in den Laderaum, die die Gefangenen innerhalb von 15 Minuten töteten. Daraufhin verließ der Transporter das Gelände und fuhr zu einer wenige Kilometer entfernt gelegenen Waldlichtung, dem „Waldlager“. Dort wurden die Körper der Ermordeten in zwei riesige Massengräber geworfen und der LKW gereinigt. Die Bewachung des „Waldlagers“ oblag der Ordnungspolizei, für die Beseitigung der Leichen bildeten die Täter ein „Arbeitskommando“ aus etwa 30 jüdischen Häftlingen, die nach einiger Zeit ebenfalls getötet und durch andere Verschleppte ersetzt wurden.

Im März 1943 fiel die Entscheidung, das Vernichtungslager aufzugeben. Zu diesem Zeitpunkt waren mit Ausnahme des Ghettos Litzmannstadt alle Ghettos des „Warthegaus“ aufgelöst und deren Bewohner*innen nach Chełmno deportiert worden. Anfang April sprengte das „Sonderkommando“ das „Schloss“ und versuchte sämtliche Hinweise auf den Massenmord zu beseitigen. Dies betraf vor allem die in den Massengräbern des „Waldlagers“ nur notdürftig verscharrten Körper der Ermordeten. Bereits im Sommer 1942 waren dort unter Anleitung von SS-Standartenführer Paul Blobel Öfen errichtet worden, um die Leichen zehntausender Menschen zu verbrennen.

Die Täter waren mit ihrem Werk zufrieden. Anfang März 1943 fand in einer Gaststätte in Koło — von den Deutschen in „Warthbrücken“ umbenannt — eine bizarre „Abschlussfeier“ des „Sonderkommandos“ statt, an der auch Arthur Greiser teilnahm. In einem Schreiben an Heinrich Himmler attestierte er den Mördern, „haltungsmäßig bestes Soldatentum repräsentiert“ zu haben.

Fortführung der Vernichtung

Doch damit war die Geschichte des Vernichtungslagers nicht zu Ende. Im Frühjahr 1944 entschieden die Führungsspitzen von SS und „Reichsstatthalterei“, das Ghetto Litzmannstadt aufzulösen und die dort bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin Zwangsarbeit leistenden Jüdinnen*Juden zu ermorden. Im April 1944 kehrte das „Sonderkommando“ nach Chełmno zurück. Die Ruinen des Gutshofes waren als Tötungsstätte nicht mehr zu gebrauchen. Daher wurden die über 7.100 Deportierten aus dem Ghetto Litzmannstadt direkt im Bereich des früheren „Waldlagers“ ermordet und verbrannt. Hierfür nutzten die Täter erneut Gaswagen und gemauerte Verbrennungsöfen. Kleidungsstücke und Wertgegenstände der Opfer wurden zur Sortierung durch ein jüdisches Häftlingskommando auf dem ehemaligen Gutsgelände gesammelt. Angesichts der heranrückenden Roten Armee töteten in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 Angehörige des „Sonderkommandos“ die letzten verbliebenen Gefangenen auf dem Hof des Anwesens. Szymon Szrebrnik und Mordechai Zurawski überlebten als einzige das Massaker.

Mehr als ein offenes Geheimnis

Obgleich die Täter versuchten, die Spuren des Massenmords in Chełmno zu verwischen, war die Shoah im „Warthegau“ mehr als ein offenes Geheimnis. Im Dorf selbst, wo die Angehörigen des „Sonderkommandos“ ihre Quartiere bezogen hatten, war deren Auftrag allgemein bekannt. Vor allem aber reichte der Kreis der am Massenmord Beteiligten weit über die unmittelbar in Chełmno eingesetzten Einheiten hinaus. Die Shoah im „Warthegau“ war ein arbeitsteiliges Projekt, in das neben SS und Polizei auch die „Reichsstatthalterei“ und ihre Verwaltungsstrukturen, etwa die von Herbert Mehlhorn geleitete Finanzverwaltung des „Warthegaus“, zuständig für sämtliche Sach- und Personalkosten der am Massenmord beteiligten Akteur*innen, eingebunden waren. Kulmhof war, resümiert der Historiker Peter Klein, ein „Vernichtungslager vor aller Augen“.

Bereits im Sommer 1942 hatten britische und US-amerikanische Medien, wie etwa die New York Times über das Vernichtungslager und die systematische Tötung von Jüdinnen*Juden durch Kohlenmonoxid berichtet. Die Informationen stammten von Jaakow Grojanowski, einem Angehörigen des jüdischen „Arbeitskommandos“ im Vernichtungslager Kulmhof, dem im Januar 1942 die Flucht gelungen war. Grojanowski schlug sich bis ins Warschauer Ghetto durch, wo er Kontakt zu Widerstandsgruppen und dem von Emanuel Ringelblum gegründeten klandestinen Ghetto-Archiv aufnahm und detailliert das Geschehen schilderte. Schließlich erreichte sein Bericht auch die polnische Exilregierung in London. Grojanowski selbst überlebte die Shoah nicht. Er wurde im Vernichtungslager Belzec ermordet. Sein Versuch, eine größere Öffentlichkeit über den Massenmord im Vernichtungslager Kulmhof zu informieren, war zweifellos ein beeindruckender Akt des Widerstands angesichts eines von den Deutschen betriebenen Mordprogramms, dem nach heutigem Wissen im Vernichtungslager Kulmhof lediglich drei Menschen entrinnen konnten.

Gleichwohl gab es auch dort unterschiedliche Formen der Selbstbehauptung. So leisteten in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 die letzten Angehörigen des jüdischen Arbeitskommandos aktiven, wenngleich vergeblichen Widerstand. Es gelang den Gefangenen, einem Polizeibeamten die Pistole zu entreißen, ihn zu erschießen und einen weiteren Gendarmen zu töten. Bereits in den Wochen und Monaten zuvor hatten Angehörige des Arbeitskommandos an verschiedenen Stellen Berichte über das Geschehen vergraben. Sie verknüpften damit die Hoffnung, auf diese Weise das präzendenzlose Verbrechen zu dokumentieren und den an die Weltöffentlichkeit gerichteten eindringlichen Appell, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Strafverfolgung und Nachkriegskarrieren

Zumindest in der BRD konnte in den folgenden Jahrzehnten von einer umfassenden juristischen Ahndung freilich keine Rede sein. In Polen wurde Arthur Greiser unter anderem wegen der Verbrechen in Kulmhof im Sommer 1946 hingerichtet, in der DDR Ernst Kendzia, der in der Führungsspitze der „Reichsstatthalterei“ verantwortlich war für die Organisation des Massenmords im „Warthegau“, zum Tode verurteilt. Die bundesdeutsche Justiz zeigte indessen kein großes Engagement bei der Verfolgung mutmaßlicher Täter. Erst 1962 mussten sich zwölf ehemalige Angehörige des „Sonderkommandos“ vor dem Landgericht Bonn wegen gemeinschaftlicher „Beihilfe zum Mord“ verantworten. Letztinstanzlich wurden im Juli 1965 schließlich acht der Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen 13 Monaten und zwei Wochen sowie 13 Jahren verurteilt. Drei Angeklagte kamen straffrei davon. Ein weiterer galt als verhandlungsunfähig.

Auch Wilhelm Koppe konnte sich erfolgreich auf seine angebliche Verhandlungsunfähigkeit beziehen. Der ehemalige „Höhere SS- und Polizeiführer“ im „Warthegau“ war hauptverantwortlich für die Deportationen in das Ghetto Litzmannstadt und das Vernichtungslager Kulmhof gewesen. Bis 1960 lebte er unter falschem Namen in Bonn, wo er für die Schokoladenfabrik Sarotti arbeitete. Nachdem seine wahre Identität aufgeflogen war, wurde er in Untersuchungshaft genommen, aus der er aber 1962 nach Zahlung einer Kaution entlassen wurde. Das im Jahr 1964 eröffnete Verfahren vor dem Landgericht Bonn wegen „Beihilfe zum Mord“ in mindestens 145.000 Fällen wurde zwei Jahre später „aus gesundheitlichen Gründen“ eingestellt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1975 verbrachte Koppe einen geruhsamen Lebensabend in Bonn.

Den konnte auch Rolf-Heinz Höppner genießen. Der ehemalige SS-Obersturmbannführer hatte zwar unter anderem wegen seiner Beteiligung am Massenmord in Chełmno rund zehn Jahre in polnischer Haft verbracht, in der BRD musste er jedoch keine Strafverfolgung fürchten. Vielmehr avancierte er zum Oberregierungsrat im Bundesbauministerium und starb 1998 in Bonn-Bad Godesberg. Herbert Mehlhorn, der „Buchhalter“ der Shoah im „Warthegau“, blieb von der deutschen Justiz gänzlich unbehelligt. Er verdingte sich bis zu seinem Tod im Jahr 1968 als Justiziar in Oberndorf am Neckar und als Berater des Waffenherstellers Mauser.

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