Solingen, 30 Jahre nach dem Brandanschlag
In diesem Abschnitt wird außerdem auf die lokalen Neonazi-Strukturen und deren Verstrickungen zum Verfassungsschutz eingegangen. In einem dritten Teil werden dann, begleitet von literarischen Beiträgen, verschiedene Praxen von (kollektiver) Erinnerungskultur thematisiert. Zentral ist den Herausgeber*innen die Perspektive der Überlebenden und Angehörigen, die, so ihre Kritik, in der medialen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Aufarbeitung bislang kaum beachtet wurden. Aus diesem Grund waren Familienangehörige der Todesopfer in die Konzeption des Bandes eingebunden. Insbesondere die bewegenden Interviews mit Hatice Genç und Kâmil Genç, die bei dem Anschlag zwei Töchter verloren, stellen eindrücklich dar, wie schwer eine selbstbestimmte Erinnerung in einem Klima von Verdrängung und Verharmlosung rassistischer Gewalt war und ist.
Der Sammelband ist beeindruckend breit aufgestellt, weswegen auch das Lesen von nur einzelnen Beiträgen oder Abschnitten ermöglicht wird. Der Preis von 39 Euro dürfte leider einige abschrecken, umso besser ist es, dass eine kostenlose PDF-Ausgabe zur Verfügung gestellt wird.
Birgül Demirtaş / Adelheid Schmitz / Derya Gür-Şeker / Çagri Kahveci (Hg.): Solingen, 30 Jahre nach dem Brandanschlag. Rassismus, extrem rechte Gewalt und die Narben einer vernachlässigten Aufarbeitung transcript-Verlag, Bielefeld 2023, 420 Seiten, 39 Euro.
Kostenlose PDF-Ausgabe: www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6497-3/solingen-30-jahre-nach- dem-brandanschlag/