Die Täterinnen von Majdanek
Besonders interessierte sie sich für die sechs Aufseherinnen. Ihr Buch „Die Täterinnen von Majdanek“ ist eine Neubearbeitung ihres 1982 erschienenen Buches „Die Frauen von Majdanek“. Kurze Portraits gehen darauf ein, wie die Frauen in den Dienst der SS gekommen waren, wie sie sich im Lager verhielten, wie sie vor Gericht auftraten. Den Darstellungen der Täterinnen wird das Erleben ihrer Gefangenen entgegengesetzt. Auch eine Richterin und die Staatsanwaltschaft kommen in dem Buch zu Wort, zudem eine Dolmetscherin sowie Schülerinnen, die den Prozess damals mit der Klasse besuchten.
In der Neubearbeitung stellt die Autorin dar, warum die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen so krachend scheiterte. Die milden Urteile, nicht nur im Majdanek-Prozess, waren Folge der damals gängigen Praxis, die sich auf spezifische Einzeltaten fokussierte. Erst 40 Jahre nach dem Majdanek-Prozess setzte sich eine neue Rechtsauffassung durch: Jede Person, die in einem Vernichtungslager arbeitete, war an der Vernichtung beteiligt und musste sich somit mindestens der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht haben. „Die Täterinnen von Majdanek“ ist weder eine stringente Erzählung noch eine geschichtswissenschaftliche Arbeit. Die Sammlung journalistischer Kurzreportagen und Essays eignet sich aber als Einstieg in die Geschichte der Majdanek-Prozesse oder zur Vorbereitung eines Besuchs der Gedenkstätte.
Ingrid Müller-Münch: Die Täterinnen von Majdanek. KZ-Aufseherinnen vor Gericht. Ditrich Verlag, Weilerswist-Metternich 2024. 200 Seiten, 20 Euro.