Ärger in der Hochburg

Die AfD in Fulda

Das erzkatholische Fulda ist eine Hochburg der AfD. Kontakte zur extremen Rechten erschüttern das Bild der Partei dort ebenso wenig wie auf Bundesebene. Weder interne Querelen und Austritte noch gerichtliche Auseinandersetzungen und das offensive Einschüchtern von Linken dürften der AfD in der Region Stimmen kosten.

Das erzkatholische Fulda ist eine Hochburg der AfD. Kontakte zur extremen Rechten erschüttern das Bild der Partei dort ebenso wenig wie auf Bundesebene. Weder interne Querelen und Austritte noch gerichtliche Auseinandersetzungen und das offensive Einschüchtern von Linken dürften der AfD in der Region Stimmen kosten.

2016 erzielte die AfD in Fulda bei der Kommunalwahl knapp 15 Prozent und lag damit über dem durchschnittlichen Ergebnis in Hessen. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte sie im Wahlkreis Fulda sogar ihr hessenweit bestes Ergebnis. Wieder machten 15 Prozent der Wahlberechtigen ihr Kreuz bei den Rechten. Ein Grund für das gute Abschneiden dürfte der prominenteste Vertreter der hessischen AfD sein, der ehemalige CDUler Martin Hohmann. Bei der Kommunalwahl 2016 zog Hohmann als parteiloser Kandidat auf der AfD-Liste in den Kreistag von Fulda ein, er bekam damals die meisten Stimmen aller BewerberInnen, kurz darauf trat er dann in die AfD ein. Auch bei der Bundestagswahl 2017 erzielte er mit über 17 Prozent der Erststimmen das beste Ergebnis aller hessischen AfD-KandidatInnen. Dies reichte zwar nicht für ein Direktmandat, aber als Sechstplatzierter auf der Landesliste zog er trotzdem in den Bundestag ein.

Zu seiner CDU-Zeit amtierte Hohmann zwischen 1984 und 1998 als Bürgermeister in Neuhof bei Fulda. Im Anschluss war er bis 2005 Bundestagsabgeordneter. Hier erlangte er erstmals größere Aufmerksamkeit, als er im Mai 1999 mit weiteren Bundestagsabgeordneten einen Antrag einreichte, mit dem die Errichtung des Berliner Holocaust-Denkmals verhindert werden sollte. 2003 wurde er aus der CDU ausgeschlossen, nachdem er zum Tag der Deutschen Einheit eine antisemitische Rede gehalten hatte, in der er in den Raum stellte, dass „man Juden mit einiger Berechtigung als ‚Tätervolk‘ bezeichnen“ könnte (vgl. LOTTA #15, S. 11-13).

Streitigkeiten, Anklagen, Austritte

Trotz aller Erfolge verstrickt sich die AfD in Fulda immer wieder in Querelen und Streitigkeiten. Einzelne müssen deshalb sogar rechtliche Konsequenzen befürchten. So wird momentan gegen den Kreissprecher Dietmar Vey wegen Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung und versuchter Nötigung ermittelt. Bei einer Mitgliederversammlung im Mai soll es zum Streit über den anhaltenden Rechtsruck des Kreisverbandes gekommen sein. Vey, der den Kurs verteidigte, soll dabei mehrere Mitglieder beleidigt und ihnen unterstellt haben, beim Landesparteitag in Stimmkabinen eingedrungen zu sein. Außerdem soll er eigenmächtig Abmahnungen gegen diese Mitglieder ausgesprochen haben. Im Nachgang der Mitgliederversammlung haben laut Polizei vier Personen Anzeige erstattet.

Bei der Auseinandersetzung soll es auch um die Kontakte zur Identitären Bewegung (IB) gegangen sein. Hierbei stieß einigen Mitgliedern offensichtlich die Wahl von Jens Mierdel als Direktkandidat für den Wahlkreis Fulda I übel auf. Mierdel war bis 2015 bei der IB in Fulda aktiv. Erst 2016 hatte er gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärt, sich dort nicht mehr zu betätigen. Dass dies jedoch keine Distanzierung nach sich ziehen muss, unterstrich wiederum Hohmann bei einer Veranstaltung im Juli, als er angab, keine Probleme mit der IB zu haben: „Im Gegenteil“, was sich „viele Jüngere immer wieder wünschen, dass unser politisches Leben bunt, phantasievoll und vielfältig ist“, das würde die IB bieten. Hohmann wünschte dieser „weitere Erfolge“.

Auf die parteiinternen Streitigkeiten folgten mehrere Rücktritte, auch wenn dies bisher öffentlich bestritten und seitens der betreffenden AfDlerInnen persönliche Gründe vorgeschoben werden. Aus der Partei ausgetreten ist hingegen der ehemalige Kreissprecher der AfD-Fulda, Heiko Leimbach. Er begründete seinen Austritt öffentlich mit dem Rechtsruck innerhalb der AfD und der Nähe zu extrem rechten Gruppen und Personen. Er selbst sei laut Frankfurter Rundschau auch beleidigt worden und habe Drohmails bekommen, in denen ihm mit dem „Fegefeuer“ gedroht worden sei. Mit ihm ist auch der Schatzmeister des Kreisverbandes, Matthias Müller, zurückgetreten — und wenig später auch der Beisitzer Hermann Krauss. Zuletzt hat mit Marion Ascher ein weiteres Vorstandsmitglied ihren Posten verlassen.

Zuletzt wurde dann noch bekannt, dass gegen ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Jungen Alternative Hessen aus Fulda Anklage erhoben wurde. Toni Reinhard wird vorgeworfen, beim Notruf angerufen und sich für den Sprecher des Fuldarer Bündnisses Fulda stellt sich quer ausgegeben zu haben. Unter dessen Namen soll er behauptet haben, seine Frau ermordet zu haben. Dies zog einen Großeinsatz der Polizei nach sich, der wohl nun für Reinhard vor Gericht enden wird.

Weitere Kontakte nach rechtsaußen

Mittlerweile sind Kontakte und Überschneidungen mit Akteuren der extremen Rechten für die AfD fast zur Normalität geworden. Dies lässt sich in vielen Regionen beobachten — auch in Fulda. So wird der AfD-Direktkandidat für den Wahlkreis Fulda II, Pierre Lamely, auf der Homepage des Bodybuilder-Blogs „Body-Extrem“ als Redaktionsmitglied aufgeführt. Neben ihm werden dort drei weitere Redaktionsmitglieder genannt, wovon einer in der Vergangenheit als Mitglied der Hammerskins auffiel und auch an deren Veranstaltungen teilnahm.

Auch bei einer AfD-Kundgebung unter dem Motto „Die Polizei bleibt unser Freund“ am 30. April in Fulda wurden die Kontakte nach rechtsaußen deutlich. Hintergrund waren tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen Geflüchteten und die nachfolgende Kritik an der Unverhältnismäßigkeit des Schusswaffeneinsatzes. Zur AfD-Kundgebung kamen etwa 150 Personen, darunter auch eine etwa fünfköpfige Gruppe der hessischen NPD. Als Ordner fungierte eine Person, die erst wenige Wochen zuvor zum NPD-Konzert nach Wetzlar angereist war (vgl. LOTTA #71, S.31-33) und ähnliche Veranstaltungen auch im vergangenen Jahr in Themar besucht hatte.

Auch im Mitarbeiterstab von Hohmann lassen sich Schnittstellen zur extrem rechten Szene ausmachen. So beschäftigt er nach Erkenntnissen der tageszeitung unter anderem Katrin Nolte. Diese erlangte bisher hauptsächlich als Moderatorin von „Die Woche Compact“ Bekanntheit, eine Art Nachrichtensendung des Magazins von Jürgen Elsässer. Bemerkenswert ist auch, dass sie die Frau von Hohmanns AfD-Fraktionskollegen Jan Nolte ist, was einen Beigeschmack erzeugt, es könnte sich hierbei um das Zuschanzen von Posten handeln. Eine solche Praxis wirft die AfD eigentlich gerne den anderen Parteien vor.

Ohne Effekt

Letztendlich ergeht es der AfD Fulda wie der Bundespartei. Es gibt Skandalträchtiges, Kontakte zur extremen Rechten und rechtliche Auseinandersetzungen, die im Grunde genommen der Partei elementar schaden müssten. Aber ebenso wenig wie sachliche Argumente hält das vermutlich viele potenzielle Wähler_innen nicht davon ab, für die Partei zu stimmen. Allerdings wird im Oktober keine Person aus der Region Fulda in den hessischen Landtag einziehen, es sei denn, es wird eines der Direktmandate gewonnen. Dennoch ist die AfD Fulda ein anschauliches Beispiel für die Entwicklung der AfD in Hessen.

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