Staatsfeinde in Uniform
Dass eine sachlich fundierte Antwort auf diese Frage schwer fällt, hat nicht nur damit zu tun, dass die Aufklärungsbemühungen der zuständigen Ministerien unzureichend sind. Es ist auch für alle, die nicht tief in die Materie eingetaucht sind, schwierig, den Überblick zu behalten — zu viele verschiedene Behörden, Einheiten, Gruppen und Netzwerke sind betroffen. Zudem dringen Informationen nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit. Deshalb ist das im Frühjahr erschienene Buch des Journalisten Dirk Laabs eine sehr gewinnbringende Lektüre. Laabs legt einen Schwerpunkt auf das sogenannte „Hannibal“-Netzwerk, in dem sich, aufgeteilt in vier Gruppen („Nordkreuz“, „Westkreuz“, „Südkreuz“, „Ostkreuz“), ehemalige und aktive Soldat*innen, Polizist*innen, Behörden-Mitarbeiter*innen und Personen aus der privaten Sicherheitsbranche organisierten, um sich auf einen „Tag X“ vorzubereiten. Im großen Stil wurden von Polizei und Bundeswehr Munition und Waffen entwendet. Der Umfang dieses Arsenals ist ebenso wenig bekannt wie alle für den Diebstahl Verantwortlichen, auch weil die Justiz den Komplex in getrennte Verfahren aufspaltete und das Narrativ der Beteiligten von harmlosen „Preppern“ in Teilen verfing.
Der Verdienst von Laabs‘ Buch ist es, diese getrennten Stränge wieder nachvollziehbar zusammengeführt zu haben. Dabei werden auch Komplexe wie Asgaard Security oder die Strukturprobleme des Kommando Spezialkräfte (KSK) behandelt. Erschreckend ist, wie viele Akteur*innen miteinander vernetzt beziehungsweise bekannt sind. Das Buch profitiert von den profunden Kenntnissen des Autors über Geheimdienste und Neonazi-Szene, mit denen er sich bereits im Zusammenhang mit dem NSU befasste.
Dirk Laabs Staatsfeinde in Uniform. Wie militante Rechte unsere Institutionen unterwandern Econ Verlag, Berlin 2021 448 Seiten, 24 Euro