Privatstädte

Mit „Privatstädte. Labore für einen neuen Manchesterkapitalismus“ wendet sich Andreas Kemper einem spannenden Thema sowie einer meist nur wenig beachteten politischen Akteursgruppe zu. Marktradikale Rechte träumen seit einiger Zeit davon, privatrechtlich organisierte Städte zu gründen, die letztlich außerhalb des Einflussbereiches existierender Staaten und damit auch jenseits demokratischer Willensbildung liegen.

Auf einer Insel in Honduras steht dieser Traum fast vor der Realisierung, weil hier eine willfährige Regierung bereit ist, in Sonderwirtschaftszonen staatliche Souveränität an die Privatstadt-Investor*innen zu überantworten. An dem Projekt beteiligt sind auch Deutsche wie Titus Gebel, eine Firma der TU München und der Architekt Patrik Schumacher, der bereits im Schwerpunkt von LOTTA #84 Thema war. Die Privatstadt-Projekte vorantreibenden Akteur*innen bezeichnen sich selbst oftmals als „Libertäre“, ein Begriff, den Kemper in diesem Zusammenhang zurückweist, denn nicht Herrschaftsfreiheit, sondern Eigentum steht im Mittelpunkt einer Ideologie, die besser als Proprietarismus (von „proprius“, lateinisch für Eigentum) bezeichnet wird. Das Buch ist Ergebnis von Kempers auf die Akteur*innen und ihre Netzwerke konzentrierten Recherchen. Ein stärker eingreifendes Lektorat hätte dem Buch gut getan, angefangen bei der Einrückung sämtlicher langen wörtlichen Zitate über die Einführung von Fußnoten für eher ergänzende Informationen bis hin zu einer besseren Strukturierung der Argumentation. Glücklicherweise hat der Autor ein Glossar der Personen und Organisationen ergänzt, das die Orientierung im Text etwas erleichtert. Fazit: spannendes Thema, nicht gut dargestellt.

Andreas Kemper: Privatstädte. Labore für einen neuen Manchesterkapitalismus Unrast Verlag, Münster 2022 184 Seiten, 14 Euro

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